Überblick
Erstattungsüberhänge bei der Kirchensteuer mindern den Sonderausgabenabzug des Zahlungsjahres. Das Finanzamt darf die Steuerbescheide aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ändern. Die OFD Karlsruhe klärt nun, wann das rückwirkende Ereignis eintritt.
Sachverhalt
Die Kirchensteuer ist nur als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Steuerpflichtige durch die Zahlung wirtschaftlich belastet ist. Entfällt diese Belastung nachträglich aufgrund einer Erstattung, muss der Sonderausgabenabzug rückgängig gemacht werden. Das Finanzamt mindert hierzu zunächst den Sonderausgabenabzug im Erstattungsjahr. Übersteigt die Erstattung die hier angesetzten Sonderausgaben, wird der verbleibende Erstattungsüberhang in das Jahr zurückgetragen, für das die Kirchensteuer zurückgezahlt wurde. Verfahrensrechtlich erfolgt die Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Kommentar
Entscheidung
Der BFH hatte mit Beschluss vom 09.12.2009 (X R 4/09, n.v., BFH/NV 2010 S. 596) entschieden, dass dieses rückwirkende Ereignis erst mit Erlass des Einkommensteuerbescheides des jeweiligen Erstattungsjahres eintritt. Die OFDen der jeweiligen Länder sahen das rückwirkende Ereignis teilweise bereits mit Ablauf des Erstattungsjahres als verwirklicht an. Die OFD Karlsruhe hat ihre Finanzämter nun angewiesen, den BFH-Grundsätzen zu folgen.
In dem Fall vor dem BFH vertrat eine Steuerpflichtige die Ansicht, dass das Finanzamt die Steuerbescheide der Zahlungsjahre nicht mehr nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ändern darf, da das rückwirkende Ereignis bereits mit Ablauf des Erstattungsjahres eingetreten ist und die Steuerbescheide bereits nach diesem Zeitpunkt einmal geändert wurden (ohne Abzug der Erstattung). Daher habe das Finanzamt seine Änderungsbefugnis "verbraucht". Da der BFH jedoch auf den späteren Erlass des Steuerbescheides (des Erstattungsjahres) abstellte, war eine Änderung zu ihren Ungunsten möglich.
Bei der Festsetzung von Nachzahlungszinsen kann sich die Entscheidung des BFH jedoch auch positiv für den Steuerpflichtigen auswirken: Die nachträgliche Reduzierung von Sonderausgaben führt in der Regel zu einer Steuernachzahlung, für die eine sechsprozentige Verzinsung fällig wird. Diese Verzinsung wird durch das BFH-Urteil hinausgezögert, da der Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das rückwirkende Ereignisses eingetreten ist.
Link zur Verwaltungsanweisung
OFD Karlsruhe, Verfügung v. 05.03.2010, S 035.3 A – St 333