FinMin Hessen, Erlaß v. 11.5.2004, S 2240 A - 111 - II 31
1. Sachverhaltsgestaltung
Eine Anlagegesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG hat ihren Gesellschaftszweck darin, auf dem sog. Zweitmarkt ein Portfolio von US-amerikanischen Risikolebensversicherungspolicen mit einer prognostizierten Restlaufzeit von zwischen sechs Monaten und acht Jahren zu erwerben. Die KG wird die US-Lebensversicherungen gegen Zahlung eines Kaufpreises, der über dem Rückkaufspreis, jedoch deutlich unter der Versicherungssumme liegt, erwerben. Dabei wird die KG bei der US-Versicherungsgesellschaft als neuer Versicherungsnehmer und -begünstigter eingetragen. Die versicherte Person bleibt jedoch weiterhin der ursprüngliche Versicherungsnehmer. Die Finanzierung des Versicherungskaufs wird ausschließlich durch Eigenkapital erfolgen. Bei Eintritt des Leistungsfalls, d.h. bei Ableben der versicherten Person, wird die Versicherungssumme direkt an die KG oder an den Treuhänder ausgezahlt.
Der Erwerb der US-Lebensversicherungspolicen wird in Zusammenarbeit mit sog. Settlement Companies in den USA erfolgen, denen insoweit die Vorbereitung, d.h. die Einholung und Prüfung von entsprechenden Angeboten und die Durchführung des Erwerbs sowie die sich daran anschließende Verwaltung und regelmäßige Neubewertung der erworbenen Policen über deren Laufzeit hinweg obliegt.
2. Steuerliche Beurteilung
Die Anbieter dieses Modells vertreten die Auffassung, dass die KG nicht gewerblich, sondern im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung tätig wird. Auch lägen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor.
Die ESt-Referatsleiter des Bunds und der Länder vertreten jedoch mehrheitlich die Auffassung, dass die KG nicht vermögensverwaltend, sondern gewerblich tätig wird. Sie wird mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nachhaltig tätig und überschreitet mit ihrer Tätigkeit auch den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Die Tätigkeit der KG ist nicht mit einem Wertpapierhandel vergleichbar. Dementsprechend sind auch die Grundsätze für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von einer gewerblichen Tätigkeit bei einem Wertpapierhandel hier nicht anwendbar. Die Tätigkeit der KG ähnelt vielmehr dem Factoring, insbesondere, wenn sich die Policen, mit denen gehandelt wird – vergleichbar mit der Verwertung von Forderungen –, „verbrauchen”. Die KG bedient sich auch eines Markts (Zweitverwertungsmarkt in den USA), den sie auch genau beobachten muss, um erfolgreich zu sein. Allein die Tatsache, dass die Einholung und Prüfung von entsprechenden Angeboten auf die sog. Settlement Companies „outgesourct” wird, führt nicht zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit der KG.
Normenkette
EStG § 15