Leitsatz
1. Das Absengen von Textilfasern mit einer durch das Verbrennen von Erdgas erzeugten offenen Flamme stellt ein Verheizen des Erdgases i.S.v. § 2 Abs. 6 EnergieStG dar.
2. Gemeinschaftsrechtskonform ist § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG dahin auszulegen, dass Energieerzeugnisse nur dann gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als Heizstoff verwendet werden, wenn das Energieerzeugnis im Rahmen eines industriellen Prozesses oder Verfahrens sowohl als Heizstoff als auch als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff eingesetzt wird.
Normenkette
§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d, § 2 Abs. 6 EnergieStG, Art. 2 Abs. 4 Buchst. B RL 2003/96/EG, Art. 2 Abs. 2, Art. 8 Abs. 1 Buchst. d RL 92/81/EWG
Sachverhalt
Ein Unternehmen verwendet Erdgas zum Absengen von Textilfasern auf Gewebebahnen, um diese besonders glatt erscheinen zu lassen. Für das Erdgas wurde für August und September 2006 Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG beantragt (Verwendung von Erdgas gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken). Das HZA gewährte jedoch lediglich eine Vergütung nach § 54 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EnergieStG (Verheizen von Erdgas zu betrieblichen Zwecken in Unternehmen des Produzierenden Gewerbes).
Entscheidung
Das Erdgas wird verheizt. Es liegt kein darüber hinausgehender Verwendungszweck vor. Deshalb kommt eine steuerliche Vergünstigung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG nicht in Betracht. Die Klage hätte vom FG abgewiesen werden müssen (welches indes einen anderen Verwendungszweck angenommen hatte: Nutzbarmachung "der zerstörerischen Kraft der Flamme").
Hinweis
"Verheizen" ist Verbrennen von Energieerzeugnissen zur Erzeugung von Wärme (§ 2 Abs. 6 EnergieStG). Ein Energieerzeugnis wird also als Heizstoff verwendet, wenn seine Verbrennung der Erzeugung von thermischer Energie dient (EuGH-Urteil in EuGHE 2004, I-4733). Ein Kontakt der Flamme mit dem zu be- oder verarbeitenden oder zu vernichtenden Stoff schließt nach dieser Entscheidung ein Verheizen nicht aus; entscheidend ist allein, dass Mineralöl verbrannt wird und die dadurch erzeugte thermische Energie zum Heizen genutzt wird, ungeachtet des Zwecks des Heizens. Das entspricht Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich EnergieStRL, welcher einen anderen Verwendungszweck als Verheizen z.B. fingiert, wenn ein Energieerzeugnis bei der chemischen Reduktion, bei der Elektrolyse und bei Prozessen in der Metallindustrie eingesetzt wird. Hierbei wird das Energieerzeugnis nicht primär zur Erzeugung von thermischer Energie eingesetzt, auch wenn zugleich Wärme erzeugt und diese im Verfahren benutzt werden mag.
Die Auslegung des EnergieStG, welches der Umsetzung der EnergieStRL dienen will, muss sich aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts hieran orientieren (gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts). Da das angeführte Gemeinschaftsrecht den Einsatz von Erdgas zum Abbrennen von Stoffen steuerfrei zu lassen nicht gestattet, kann folglich auf einen solchen Einsatz § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG nicht angewendet werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.10.2008 – VII R 6/08