Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
1. Erzeugt der Betreiber eines Blockheizkraftwerks in einem Einfamilienhaus neben Wärme auch Strom, den er teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz einspeist, ist er umsatzsteuerrechtlich Unternehmer.
2. Hat der Betreiber den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks geltend gemacht, liegt in der Verwendung von Strom und Wärme für den Eigenbedarf eine der Umsatzbesteuerung unterliegende Entnahme. Dies gilt nicht für die aus technischen Gründen nicht zur Heizung nutzbare Abwärme.
3. Bemessungsgrundlage der Entnahme von Strom und Wärme für den Eigenbedarf sind die für die Strom- und Wärmeerzeugung mit dem Blockheizkraftwerk angefallenen sog. Selbstkosten nur dann, soweit ein Einkaufspreis für Strom und Wärme nicht zu ermitteln ist.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 5 Abs. 2, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb in dem von ihr und ihrer Familie bewohnten Einfamilienhaus ein sog. Blockheizkraftwerk. Die Anlage produzierte unter Verbrennung von Erdgas gleichzeitig Strom und Wärme (sog. Kraft-Wärme-Kopplung).
Aus dem Erwerb der Anlage hatte die Klägerin den vollen Vorsteuerabzug erhalten.
Die Klägerin speiste einen Teil der erzeugten Stromenergie gegen Entgelt in das öffentliche Netz ein. Den Rest sowie die mit der Anlage produzierte Wärme verwendete sie für den privaten Bereich.
Als Bemessungsgrundlage für die Verwendung von Strom und Wärme für den Eigenbedarf setzte das FA im Streitfall die (relativ hohen) Selbstkosten – 10 % der Anschaffungs‐/Herstellungskosten sowie der laufenden vorsteuerbelasteten Kosten – als Bemessungsgrundlage an.
Das FG war der Auffassung des FA im Wesentlichen gefolgt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.9.2009, 16 K 41/09, Haufe-Index 2353346).
Entscheidung
Der BFH hat auf die Revision der Klägerin die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft des Betreibers eines Blockheizkraftwerks, der den Strom teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz einspeist.
Der BFH hat nunmehr klargestellt, dass eine Entnahmebesteuerung nicht für die aus technischen Gründen nicht zur Heizung nutzbare Abwärme in Betracht kommt.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Entnahmebesteuerung hat der BFH entschieden, dass die für die Strom- und Wärmeerzeugung mit dem Blockheizkraftwerk angefallenen sog. Selbstkosten (Herstellungskosten) nur dann anzusetzen seien, wenn ein Einkaufspreis für den Strom bzw. die Wärme nicht zu ermitteln sei.
Entgegen der Auffassung des FG sei auch bei selbst erzeugter Energie grundsätzlich der (fiktive) Einkaufspreis maßgebend. Hierzu müsse das FG weitere Feststellungen treffen.
Hinweis
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG – also auch bei Entnahmen von Gegenständen (hier: Strom und Wärme) aus dem Unternehmen für eigene nichtunternehmerische Zwecke des Unternehmers – nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes, bemessen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.12.2012 – XI R 3/10