Kai Grönke, Lisa Katharina Janus
Zur Definition eines Zielbildes für die zukünftige Aufbau- und Ablauforganisation im Rahmen der Berichterstattung und Steuerung von ESG-Themen empfiehlt sich die Verwendung eines klar strukturierten Bebauungsplans bzw. ein Target Operating Model (TOM) Framework. Das Horváth ESG-TOM (siehe Abbildung 2) umfasst dabei fünf zentralen Bausteine entlang derer strategische Leitplanken gesetzt und Rollen, Organisationsstrukturen, Prozesse und Schnittstellen sowie Ressourcenbedarfe für die ESG-Organisation definiert werden.
Abb. 2: ESG Target Operating Model (TOM)
Vor der detaillierten Betrachtung der einzelnen Elemente des Frameworks ist es unerlässlich, einige grundlegende Voraussetzungen zu klären. Um Silo-Denken zu verhindern und eine effiziente Integration von Nachhaltigkeit in bestehende Strukturen zu gewährleisten, müssen potenzielle Interdependenzen und Schnittstellen identifiziert werden. Eine umfassende Bestandsaufnahme ermöglicht die Bewertung, ob beispielsweise der Aufbau eines neuen Nachhaltigkeitsteams erforderlich ist oder ob bereits vorhandene Ressourcen und Teams in der Organisation genutzt werden können. Dieser Prozess gewährleistet eine nahtlose Integration von Nachhaltigkeit und ermöglicht Synergieeffekte mit den bestehenden Funktionen und Abteilungen.
In der Vergangenheit und auch in der Gegenwart finden sich die Aufgaben rund um das Thema Nachhaltigkeit (häufig mit einem Fokus auf Umweltthemen) in erster Linie im Ressort des CEOs wieder, beispielsweise im Bereich Corporate Development. Die bis dato geringen oder freiwillige Berichtsanforderungen konnten von diesen Teams meist problemlos gehandhabt werden.
Angesichts der steigenden Anforderungen der CSRD und der EU-Taxonomie wird dies jedoch zunehmend zu einer Herausforderung. Es steht eine grundlegende Entscheidung an: Soll innerhalb der Finanzorganisation unter der Leitung des CFO ein separates ESG-(Reporting-)Team aufgebaut werden? Diese Frage gewinnt besondere Relevanz, wenn ein bestehendes Team die steigenden Anforderungen nicht bewältigen kann oder noch kein entsprechendes Team existiert. In solchen Fällen bietet sich die Möglichkeit, ein zweites Team innerhalb der Finanzabteilung zu etablieren, um den zusätzlichen Bedarf an ESG-Kompetenzen zu decken. Insbesondere im Kontext der EU-Taxonomie ist die Einbindung des Finanzbereichs aufgrund der engen Verzahnung mit den Rechnungslegungsprozessen ein unabdingbarer Schritt. Angesichts der erforderlichen Integration von CSRD- und EU-Taxonomie-Inhalten in den Lagebericht sowie der Expertise des Finanzbereichs in der zeitkritischen, strukturierten Datenerfassung und -konsolidierung drängt sich die Schaffung einer solchen Organisationsstruktur auf.
Bei dieser Entscheidung ist es jedoch wichtig, die zukünftige Rolle der bereits vorhandenen Nachhaltigkeitsteams zu berücksichtigen. Anstatt den Eindruck einer erzwungenen Kompetenzübernahme zu erwecken, sollte der Schwerpunkt auf spezifischen Themengebieten liegen, in denen ein Expertenteam unterstützend tätig ist. Ein solches Team kann beispielsweise als Vermittler zwischen den verschiedenen beteiligten Fachbereichen fungieren.
Gemäß dem Horváth-Ansatz wird die Etablierung eines zentralen ESG-Teams innerhalb der Finanzorganisation empfohlen, sofern ein solches Team noch nicht vorhanden ist. Dieses "Greenfield-Szenario" impliziert, dass das Team die umfassende Verantwortung für sämtliche Aspekte der Berichterstattung gemäß den Vorgaben der CSRD und der EU-Taxonomie übernimmt. Diese strategische Positionierung ermöglicht es dem Team, die notwendige Expertise und Ressourcen zu bündeln, um eine effektive Umsetzung und Einhaltung der regulatorischen Anforderungen sicherzustellen. Darüber hinaus wird garantiert, dass die ESG-Initiativen eng mit den finanziellen Prozessen und Entscheidungen des Unternehmens verbunden sind, was wiederum zu einer ganzheitlichen und integrierten Herangehensweise an Nachhaltigkeitsfragen führt.
Im weiteren Verlauf werden die fünf Kernelemente des ESG-TOM detailliert beschrieben und zentrale Best Practices erläutert. Darüber hinaus wird die Integration von ESG-Sachverhalten in das Unternehmensdatenmodell und die IT-Landschaft beleuchtet.
2.1 Mit zukunftsweisender Vision und strategischen Grundpfeilern zum nachhaltigen Unternehmenserfolg
Um ein umfassendes Verständnis für die Rolle und die Bedeutung des neuen ESG-Teams zu entwickeln, ist es ratsam, zunächst strategische Leitlinien zu definieren. Der Ansatz von Horváth legt dabei im ersten Schritt besonderen Wert auf die Formulierung einer Vision, Mission und eines Purpose-Statements. Diese Leitlinien können entweder speziell auf das neu formierte Team zugeschnitten sein oder das gesamte Unternehmen einbeziehen, insbesondere wenn gleichzeitig eine umfassende Umstrukturierung der Organisation angestrebt wird.
Für die Formulierung des "Warum" und "Wie" in Vision, Mission und Purpose Statement ist es empfehlenswert, eine strukturierte Untersuchung der beteiligten internen und externen Stakeholder durchzuführen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Aufbau des neuen Teams konseque...