Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe zollgleicher Wirkung, Abgabe auf Ausfuhr von Erdölerzeugnissen, Ausfuhrzoll vor EU-Beitritt
Leitsatz (amtlich)
Das Unionsrecht, insbesondere Art. 30 AEUV, ist dahin auszulegen, dass der Abgabenpflichtige, der eine Abgabe zollgleicher Wirkung, die mit dieser Vorschrift unvereinbar ist, tatsächlich getragen hat, selbst dann die Möglichkeit haben muss, die Erstattung der von ihm in diesem Zusammenhang entrichteten Beträge zu erlangen, wenn der Zahlungsmechanismus für die Abgabe im nationalen Recht so gestaltet war, dass diese Abgabe auf den Verbraucher abgewälzt werden sollte.
Normenkette
AEUV Art. 30
Beteiligte
Petrotel-Lukoil und Georgescu |
SC Petrotel-Lukoil SA, Maria Magdalena Georgescu |
Ministerul Finantelor Publice |
Verfahrensgang
Înalta Curte de Casatie si Justitie (Rumänien) (Beschluss vom 17.11.2016; ABl. EU 2017, Nr. C 151/19) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Abgabe zollgleicher Wirkung ‐ Art. 30 AEUV ‐ Inländische Abgabe ‐ Art. 110 AEUV ‐ Auf ausgeführte Erdölerzeugnisse angewandte Abgabe ‐ Nichtabwälzung der Abgabe auf den Verbraucher ‐ Vom Abgabenpflichtigen getragene Abgabenlast ‐ Erstattung der vom Abgabenpflichtigen entrichteten Beträge“
In der Rechtssache C-76/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) mit Entscheidung vom 17. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Februar 2017, in dem Verfahren
SC Petrotel-Lukoil SA,
Maria Magdalena Georgescu
gegen
Ministerul Economiei,
Ministerul Energiei,
Ministerul Finantelor Publice
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda und E. Juhász, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der SC Petrotel-Lukoil SA, vertreten durch C. Vasile, M. Strîmbei und A. Barbu, avocats,
‐ der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu, L. Liţu und R. Mangu als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und L. Radu Bouyon als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 30 AEUV.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SC Petrotel-Lukoil SA (im Folgenden: Lukoil) und Frau Maria Magdalena Georgescu auf der einen sowie dem Ministerul Economiei (Ministerium für Wirtschaft, Rumänien), dem Ministerul Energiei (Ministerium für Energie, Rumänien) und dem Ministerul Finanţelor Publice (Ministerium für öffentliche Finanzen, Rumänien) auf der anderen Seite wegen der Weigerung des Ministeriums für Wirtschaft, die von Lukoil an den zur Deckung der Schulden der ehemaligen Compania Română de Petrol (Rumänische Erdölgesellschaft, im Folgenden: CRP) eingerichteten Sonderfonds für Erdölerzeugnisse entrichteten Pauschalbeträge zu erstatten.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Mit der Ordonanţa de urgenţă a Guvernului nr. 249/2000 privind constituirea şi utilizarea Fondului special pentru produse petroliere (Dringlichkeitsverordnung der Regierung Nr. 249/2000 über die Einrichtung und Verwendung des Sonderfonds für Erdölerzeugnisse), veröffentlicht im Monitorul Oficial al României (Gesetzblatt Rumäniens), Teil I, Nr. 647 vom 12. Dezember 2000, in durch die Legea nr. 142/2006 pentru aprobarea Ordonanţei Guvernului nr. 53/2005 privind reglementarea unor măsuri financiare în domeniul bugetar şi al contabilităţii publice (Gesetz Nr. 142/2006 zur Genehmigung der Regierungsverordnung Nr. 53/2005 über finanzielle Maßnahmen im Haushaltsbereich und betreffend das öffentliche Rechnungswesen) geänderter und ergänzter Fassung (im Folgenden: OUG Nr. 249/2000) wurde der Sonderfonds für Erdölerzeugnisse eingerichtet, um sämtliche finanziellen Verpflichtungen der ehemaligen CRP zu begleichen.
Rz. 4
Art. 1 der OUG Nr. 249/2000 lautet:
„Es wird ein Sonderfonds für Erdölerzeugnisse eingerichtet; dafür wird in den Preis der für den Inlandsmarkt und ins Ausland gelieferten Erdölerzeugnisse, Benzin und Diesel, die von Erzeugern übernommen werden oder durch Verarbeitung entstehen, ein fester Betrag in [rumänischen Lei (RON)] einberechnet, der 0,01 [amerikanische Dollar (USD) pro Liter] zu dem am letzten Tag des Monats vor der Lieferung geltenden Wechselkurs entspricht.“
Rz. 5
In Art. 2 der OUG Nr. 249/2000 heißt es:
„Der nach Art. 1 eingerichtete Sonderfonds für Erdölerzeugnisse wird vom Ministerul Industriei şi Comerţului [(Ministerium für Industrie und Handel, Rumänien)] verwaltet und dient dazu, sämtliche finanziellen Verpflichtungen der ehemaligen [CRP] zu begleichen.“
Rz. 6
Art. 5 der OUG Nr. 249/2000 bestimmt:
„Die Verpflichtung zur Be...