Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art, Notargebühren, Einbehalt eines Teils der Notargebühren durch den Fiskus, Umwandlung ohne Kapitalerhöhung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der die Staatskasse einen Anteil der Gebühren erhält, die ein beamteter Notar anlässlich der Beurkundung eines Rechtsgeschäfts erhebt, das eine Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art zum Gegenstand hat, die nicht zu einer Erhöhung des Kapitals der übernehmenden oder formwechselnden Gesellschaft führt.

 

Normenkette

EWGRL 335/69 Art. 10 Buchst. c

 

Beteiligte

Braun

Eycke Braun

Land Baden-Württemberg

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Beschluss vom 27.09.2013; Aktenzeichen 1 UR II 1/09; ABl. EU 2013, Nr. C 367/25)

 

Tatbestand

„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Steuerrecht ‐ Richtlinie 69/335/EWG ‐ Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital ‐ Art. 10 Buchst. c ‐ Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art, die nicht zu einer Erhöhung des Kapitals führt ‐ Gebühren für die notarielle Beurkundung dieser Umwandlung“

In der Rechtssache C-524/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Karlsruhe (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Oktober 2013, in dem Verfahren

Eycke Braun

gegen

Land Baden-Württemberg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Herrn Braun in eigener Person,

‐ des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch K. Ehmann als Bevollmächtigten,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cordewener und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Braun als beamtetem Notar und dem Land Baden-Württemberg über dessen Erhebung eines Anteils der Gebühren, die Herr Braun selbst anlässlich von Beurkundungen erhoben hat, die er im Rahmen verschiedener die Umwandlung von Kapitalgesellschaften betreffender Vorgänge vorgenommen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach dem siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 69/335 „ist [es] angebracht, eine Harmonisierung [der Gesellschaftsteuer] sowohl hinsichtlich ihrer Struktur als auch hinsichtlich ihrer Sätze vorzunehmen“. Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie fügt hinzu, dass „[d]ie Beibehaltung anderer indirekter Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer oder die Wertpapiersteuer … die Zielsetzungen [gefährdet], die mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen verfolgt werden; infolgedessen ist die Aufhebung dieser Steuern erforderlich“.

Rz. 4

Art. 4 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:

a) die Gründung einer Kapitalgesellschaft;

c) die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art;

e) die Verlegung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die ihren satzungsmäßigen Sitz in einem Drittland hat, von einem Drittland in einen Mitgliedstaat, wenn sie für die Erhebung der Gesellschaftsteuer in diesem Mitgliedstaat als Kapitalgesellschaft angesehen wird;

f) die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die den Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung in einem Drittland hat, von einem Drittland in einen Mitgliedstaat, wenn sie für die Erhebung der Gesellschaftsteuer in diesem Mitgliedstaat als Kapitalgesellschaft angesehen wird;

(3) Als Gründung im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe a) gelten nicht Änderungen gleich welcher Art des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung einer Kapitalgesellschaft und insbesondere nicht:

a) die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art;

…“

Rz. 5

Art. 10 der Richtlinie bestimmt:

„Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:

a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge;

b) die Einlagen,...

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