Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlichkeit der Leistung

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Art. 16 Abs. 1

 

Beteiligte

Deco Proteste – Editores Lda

Autoridade Tributária e Aduaneira

 

Verfahrensgang

Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa — CAAD) (Portugal) (Beschluss vom 22.07.2022; ABl. EU 2022, Nr. C 424/25)

 

Tenor

Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

sind dahin auszulegen, dass

die Gewährung einer Abo-Prämie als Gegenleistung für den Abschluss eines Zeitschriftenabonnements eine Nebenleistung zu der in der Lieferung von Zeitschriften bestehenden Hauptleistung darstellt, die unter den Begriff „Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt” im Sinne dieser Bestimmungen fällt und nicht als unentgeltliche Zuwendung von Gegenständen im Sinne dieses Art. 16 Abs. 1 anzusehen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa – CAAD) (Schiedsgericht für Steuersachen [Zentrum für Verwaltungsschiedsverfahren – CAAD], Portugal) mit Entscheidung vom 22. Juli 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juli 2022, in dem Verfahren

Deco Proteste – Editores Lda

gegen

Autoridade Tributária e Aduaneira

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Deco Proteste – Editores Lda, vertreten durch J. Espanha, Advogado,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, C. Bento und A. Rodrigues als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und L. Santiago de Albuquerque als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft im Wesentlichen die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und von Art. 16 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) sowie der Grundsätze der Steuerneutralität, der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Deco Proteste – Editores Lda und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollbehörde, Portugal) über die Pflicht zur Zahlung von Mehrwertsteuer auf die Lieferung von Tablets oder Smartphones durch Deco Proteste – Editores als Abo-Prämien an neue Abonnenten der von ihr vertriebenen Zeitschriften.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

…”

Rz. 4

Art. 16 dieser Richtlinie lautet:

„Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Jedoch werden einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt nicht gleichgestellt Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster für die Zwecke des Unternehmens.”

Portugiesisches Recht

Rz. 5

Art. 3 („Begriff der Lieferung von Gegenständen”) des Código do Imposto sobre o Valor Acrescentado (Mehrwertsteuergesetzbuch) in der Fassung des Decreto-Lei Nr. 102/2008 (Gesetzesdekret Nr. 102/2008) vom 20. Juni 2008 (Diário da República, Serie I, Nr. 118 vom 20. Juni 2008, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetzbuch) sieht vor:

„(1) Als Lieferung von Gegenständen gilt im Allgemeinen die Lieferung körperlicher Gegenstände gegen Entgelt in einer Weise, die der Ausübung des Eigentumsrechts entspricht.

(3) Als Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Absatz 1 gelten auch:

f) … die dauerhafte Verwendung der Gegenstände des Unternehmens für den Eigenbedarf des Eigentümers, des Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke sowie die unentgeltliche Lieferung dieser Gegenstände, wenn sie oder die Bestandteile, aus denen sie bestehen, Gegenstand eines vollen oder teilweisen Vorsteuerabzugs waren;

(7) Von der Regelung in Abs. 3 Buchst. f, wie sie durch die Ministerialverordnung des Finanzministeriums festgelegt ist, sind nicht für einen weiteren Vertrieb bestimmte Gegenstände, die aufgrund ihrer Merkmale oder der unterschiedlichen Größe oder des unterschiedlichen Formats des Erzeugnisses, das die Verkaufseinheit darstellt, als Warenmuster dazu bes...

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