Entscheidungsstichwort (Thema)
Rauchtabak, Geschnittener oder anders zerkleinerter Tabak, Industrielle Bearbeitung von Tabak
Leitsatz (amtlich)
Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren sind dahin auszulegen, dass getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend kontrolliert feuchtgehalten wurden, Glycerin enthalten und sich nach einfacher Verarbeitung durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden zum Rauchen eignen, unter den Begriff „Rauchtabak“ im Sinne dieser Bestimmungen fallen.
Normenkette
EURL 64/2011 Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 1
Beteiligte
Generální reditelství cel |
Verfahrensgang
Nejvyssí správní soud (Tschechien) (Beschluss vom 29.10.2015; Abl.EU 2016, Nr. C 98/18) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Richtlinie 2011/64/EU ‐ Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ‐ Art. 5 Abs. 1 Buchst. a ‐ Begriffe ‚Rauchtabak‘, ‚geschnittener oder anders zerkleinerter Tabak‘ und ‚industrielle Bearbeitung‘“
In der Rechtssache C-638/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 29. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2015, in dem Verfahren
Eko-Tabak s. r. o.
gegen
Generální ředitelství cel
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Müller, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
‐ der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas als Bevollmächtigte,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Tomat und Z. Malůšková als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2016
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 und 5 der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. 2011, L 176, S. 24).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eko-Tabak s. r. o. und der Generální ředitelství cel (Generaldirektion Zölle, Tschechische Republik) über den Verfall von Waren, die als der Verbrauchsteuer unterliegende Tabakwaren eingestuft wurden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 2, 3, 8 und 9 der Richtlinie 2011/64 heißt es:
„(2) Die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren sollten das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleisten, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Tabakwaren schwere gesundheitliche Schäden verursachen können und dass die Union dem Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums beigetreten ist. Rechnung getragen werden sollte der jeweiligen Situation bei den einzelnen Tabakwaren.
(3) Eines der Ziele des Vertrags über die Europäische Union ist es, eine Wirtschaftsunion, die einem innerstaatlichen Markt ähnlich ist und in der gesunder Wettbewerb herrscht, aufrechtzuerhalten. Im Bereich der Tabakwaren setzt dies voraus, dass die in den Mitgliedstaaten auf die Erzeugnisse dieses Sektors erhobenen Verbrauchsteuern die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälschen und den freien Verkehr dieser Erzeugnisse in der Union nicht behindern.
…
(8) Im Interesse einer einheitlichen und gerechten Besteuerung ist eine Definition von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und anderem Rauchtabak jeweils dahin gehend festzulegen, dass Tabakstränge, die aufgrund ihrer Länge als zwei Zigaretten oder mehr gelten können, verbrauchsteuerrechtlich als zwei Zigaretten oder mehr behandelt werden, dass eine bestimmte Art von Zigarren, die in vielerlei Hinsicht einer Zigarette ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Zigarette behandelt wird, dass Rauchtabak, der in vielerlei Hinsicht Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Feinschnitttabak behandelt wird, und dass Tabakabfälle eindeutig definiert sind. …
(9) Die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern muss insbesondere dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird und dass es zur Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten kommt.“
Rz. 4
Art. 1 der Richtlinie sieht vo...