Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Haftung für fehlerhafte Produkte. Begriff ‚Hersteller’. Jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt, oder dies zugelassen hat

 

Normenkette

Richtlinie 85/374/EWG Art. 3 Abs. 1

 

Beteiligte

Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia

Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia

Koninklijke Philips NV

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte in der durch die Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Hersteller” im Sinne dieser Bestimmung nicht erfordert, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland) mit Entscheidung vom 22. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am gleichen Tag, in dem Verfahren

Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia

gegen

Koninklijke Philips NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter M. Ilešič und Z. Csehi (Berichterstatter),

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Koninklijke Philips NV, vertreten durch T. Seikkula und M. Welin, Asianajajat,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch S. Šindelková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch U. Bartl, M. Hellmann und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und M. Huttunen als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. 1985, L 210, S. 29) in der durch die Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 (ABl. 1999, L 141, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/374).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia (im Folgenden: Fennia), einer Versicherungsgesellschaft, und der Koninklijke Philips NV über den Ersatz von Schäden, die durch einen Brand verursacht wurden, der von einer Kaffeemaschine ausgelöst wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 4 und 5 der Richtlinie 85/374 heißt es:

„Der Schutz des Verbrauchers erfordert es, dass alle am Produktionsprozess Beteiligten haften, wenn das Endprodukt oder der von ihnen gelieferte Bestandteil oder Grundstoff fehlerhaft war. Aus demselben Grunde hat die Person, die Produkte in die Gemeinschaft einführt, sowie jede Person zu haften, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen anbringt, oder die ein Produkt liefert, dessen Hersteller nicht festgestellt werden kann.

Haften mehrere Personen für denselben Schaden, so erfordert der Schutz des Verbrauchers, dass der Geschädigte eine jede für den vollen Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen kann.”

Rz. 4

Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Der Hersteller eines Produkts haftet für den Schaden, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist.”

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„‚Hersteller’ ist der Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.”

Rz. 6

Art. 5 der Richtlinie sieht vor:

„Haften aufgrund dieser Richtlinie mehrere Personen für denselben Schaden, so haften sie unbeschadet des einzelstaatlichen Rückgriffsrechts gesamtschuldnerisch.”

Finnisches Recht

Rz. 7

§ 5 Abs. 1 des Tuotevastuulaki (694/1990) (Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte [694/1990]), mit dem Art. 3 der Richtlinie 85/374 in finnisches Recht umgesetzt wird, sieht in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung vor, dass die Ersatzpflicht zunächst denjenigen trifft, der das den Schaden verursachende Produkt hergestellt hat, und dann denjenigen, der das den Schaden verursachende Produkt als sein eigenes vertrieben hat, wenn es mit seinem Namen, Warenzeichen oder einem anderen Erkennungszeichen versehen ist.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge