Entscheidungsstichwort (Thema)

Mit dem Unionsrecht unvereinbare nationale Abgaben. Abgaben, die aufgrund eines für mit dem Unionsrecht unvereinbar erklärten beitragsgestützten Systems der finanziellen Unterstützung entrichtet wurden. System, das durch ein neues, für mit dem Unionsrecht vereinbar erklärtes System ersetzt wurde. Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Abgaben. Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität. Dauer der Verjährungsfrist. Tag des Fristbeginns. Vom Staat und von Einzelnen beizutreibende Forderungen. Unterschiedliche Fristen

 

Beteiligte

Q-Beef

Q-Beef NV

Frans Bosschaert

Belgische Staat

Vleesgroothandel Georges Goossens en Zonen NV

Slachthuizen Goossens NV

 

Tenor

1. Unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren verbietet das Unionsrecht nicht, eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, die die innerstaatliche Rechtsordnung für Forderungen gegen den Staat vorsieht, auf Klagen anzuwenden, mit denen Abgaben zurückgefordert werden, die aufgrund eines mit dem Unionsrecht unvereinbaren „gemischten Beihilfe- und Abgabensystems” entrichtet worden sind.

2. Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung, wonach unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens für den Anspruch eines Einzelnen gegenüber einem anderen Einzelnen auf Erstattung der Abgaben, die Ersterer an Letzteren, der als Vermittler aufgetreten ist, rechtsgrundlos gezahlt hatte und die dieser für Rechnung des Erstgenannten an den Staat entrichtet hatte, eine längere Verjährungsfrist gilt, während für den Anspruch des Ersteren, wenn er die Abgaben unmittelbar an den Staat entrichtet hätte, eine kürzere, von der allgemeinen Regelung für Ansprüche auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge abweichende Frist gegolten hätte, nicht entgegen, sofern der als Vermittler auftretende Einzelne die eventuell für andere Einzelne entrichteten Beträge vom Staat tatsächlich zurückverlangen kann.

3. Unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren wirkt sich die Tatsache, dass der Gerichtshof in einem auf ein Vorabentscheidungsersuchen ergangenen Urteil die Rückwirkung der fraglichen nationalen Regelung für mit dem Unionsrecht unvereinbar erklärt hat, nicht auf den Beginn der im nationalen Recht für Forderungen gegen den Staat vorgesehenen Verjährungsfrist aus.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg te Brussel (Belgien) mit Entscheidungen vom 29. Januar und 12. Januar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. und 22. Februar 2010, in den Verfahren

Q-Beef NV (C-89/10)

gegen

Belgische Staat

und

Frans Bosschaert (C-96/10)

gegen

Belgische Staat,

Vleesgroothandel Georges Goossens en Zonen NV,

Slachthuizen Goossens NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Q-Beef NV und von F. Bosschaert, vertreten durch J. Arnauts-Smeets, advocaat,
  • der Vleesgroothandel Georges Goossens en Zonen NV und der Slachthuizen Goossens NV, vertreten durch A. D'Halluin und F. van Remoortel, advocaten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux als Bevollmächtigten im Beistand von Y. Vastersavendts und E. Jacubowitz, advocaten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Thomas und H. van Vliet als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Mai 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Vereinbarkeit einer besonderen Verjährungsfrist von fünf Jahren des nationalen Rechts des Königreichs Belgien mit den unionsrechtlichen Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität sowie die Bestimmung des Fristbeginns.

Rz. 2

Die Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Q-Beef NV (im Folgenden: Q-Beef) und dem belgischen Staat (C-89/10) und zwischen Herrn Bosschaert einerseits sowie den Gesellschaften Vleesgroothandel Georges Goossens en Zonen NV und Slachthuizen Goossens NV (im Folgenden zusammen: Goossens) andererseits (C-96/10) wegen der Möglichkeit, auf Klagen gegen den belgischen Staat auf Erstattung der an den Fonds für die Tiergesundheit und -erzeugung (im Folgenden: Fonds) entrichteten Beträge eine Verjährungsfrist von fünf Jahren anzuwenden.

Rechtlicher Rahmen

Nationale Rechtsvorschriften über den Fonds

Regelung von 1987

Rz. 3

Mit der belgischen Dierengezondheidswet (Gesetz über die Tiergesundheit) vom 24. März 1987 (Belgisch Staatsblad vom 17. April 1987, S. 5788, im Folgenden: Gesetz von 1987) wurde ein System zur Finanzierung von Leistungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Tierkrankheiten und der Verbesserung der Hygiene, der Gesundheit und der Qualität von Tieren und tierischen Erzeugnissen eingef...

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