Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollkodex. Zollanmeldung. Fehlerhafte Angabe der Unterposition der Kombinierten Nomenklatur -Nacherhebungsbescheid. Überprüfung der Anmeldung. Änderung des Transaktionswerts. Frist für die Verjährung des Rechts auf Erhebung der Zollschuld. Unterbrechung
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 78, 221 Abs. 3, 1
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Beschluss vom 06.04.2018; ABl. EU 2018 Nr. C 249/13) |
Tenor
1. Art. 78 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Anmelder, wenn er die Möglichkeit hat, den Preis der zur Ausfuhr in das Gebiet der Europäischen Union verkauften Waren – der als Grundlage für die Bestimmung ihres Zollwerts herangezogen werden kann – zu wählen und wenn eine nachträgliche Prüfung ergibt, dass die von ihm erstellte Zollanmeldung einen Fehler hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der betreffenden Waren enthält, der zur Anwendung eines höheren Zolls führt, gestützt auf Art. 78 verlangen kann, dass die Zollanmeldung überprüft und der ursprünglich angegebene Preis durch einen niedrigeren Transaktionspreis ersetzt wird, damit sich seine Zollschuld verringert.
2. Art. 221 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 2700/2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, unter Beachtung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Mitteilung des Abgabenbetrags an den Zollschuldner erfolgen muss, damit die dreijährige Verjährungsfrist, mit deren Ablauf die Zollschuld erlischt, unterbrochen wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 6. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 11. April 2018, in dem Verfahren
Staatssecretaris van Financiën
gegen
CEVA Freight Holland BV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, des Richters J. Malenovský und der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der CEVA Freight Holland BV, vertreten durch B. J. B. Boersma, advocaat,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. M. Hoogveld als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels, F. Clotuche-Duvieusart und M. Kocjan als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. März 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 78 und 221 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. 2000, L 311, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande, im Folgenden: Staatssekretär) und der CEVA Freight Holland BV (im Folgenden: CEVA Freight) wegen der Rechtmäßigkeit bestimmter Aufforderungen zur Zahlung von Zöllen, die an diese Gesellschaft gerichtet wurden.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 2913/92 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 450/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft (Modernisierter Zollkodex) (ABl. 2008, L 145, S. 1) aufgehoben und ersetzt. Die letztgenannte Verordnung ist jedoch nach ihrem Art. 188 hinsichtlich der nachfolgenden Bestimmungen nicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar. Auf ihn sind nämlich weiterhin die Bestimmungen des Zollkodex anwendbar.
Rz. 4
Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex sah vor:
„Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis …”
Rz. 5
Art. 65 des Zollkodex lautete:
„Dem Anmelder wird auf Antrag bewilligt, eine oder mehrere Angaben in der Anmeldung zu berichtigen, nachdem diese von den Zollbehörden angenommen worden ist. Die Berichtigung darf nicht zur Folge haben, dass sich die Anmeldung auf andere als die ursprünglich angemeldeten Waren bezieht.
Eine Berichtigung wird jedoch nicht mehr zugelassen, wenn der Antrag gestellt wird, nachdem die ...