Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz- Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Pflicht des Unternehmers, ‚gegebenenfalls’ seine Telefonnummer und seine Telefaxnummer anzugeben. Umfang
Normenkette
Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. c
Beteiligte
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V |
Tenor
Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist zum einen dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, vor Abschluss eines Vertrags mit einem Verbraucher im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne von Art. 2 Nrn. 7 und 8 dieser Richtlinie stets seine Telefonnummer anzugeben. Zum anderen impliziert diese Bestimmung keine Verpflichtung des Unternehmers, einen Telefon- oder Telefaxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können. Sie verpflichtet den Unternehmer nur dann zur Übermittlung der Telefon- oder Telefaxnummer bzw. seiner E-Mail-Adresse, wenn er über diese Kommunikationsmittel mit den Verbrauchern bereits verfügt.
Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung zwar den Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher ein Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, das geeignet ist, die Kriterien einer direkten und effizienten Kommunikation zu erfüllen, doch steht diese Bestimmung dem nicht entgegen, dass der Unternehmer andere Kommunikationsmittel als die in ihr genannten zur Verfügung stellt, um diese Kriterien zu erfüllen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 5. Oktober 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 2017, in dem Verfahren
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
gegen
Amazon EU Sàrl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richterin C. Toader sowie der Richter L. Bay Larsen und M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch die Rechtsanwälte J. Kummer und P. Wassermann,
- der Amazon EU Sàrl, vertreten durch Rechtsanwalt C. Rohnke,
- der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze und M. Hellmann, dann durch M. Hellmann und U. Bartl als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch J. Traband und A.-L. Desjonquères als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hödlmayr, N. Ruiz García und C. Valero als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (Deutschland) (im Folgenden: Bundesverband) und der Amazon EU Sàrl wegen einer Unterlassungsklage des Bundesverbands, die gegen die Praktiken von Amazon EU bei der Angabe von Informationen gerichtet ist, anhand derer der Verbraucher mit diesem Unternehmen in Kontakt treten kann.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 4, 5, 7, 12, 21 und 34 der Richtlinie 2011/83 heißt es:
„(4) … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau un...