Informationspflichten zu Herstellergarantien im Internethandel

Internethändler sind nur dann verpflichtet, Verbraucher näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt zu informieren, wenn die Garantie ein zentrales Merkmal des Kaufangebots ist.

Der BGH hatte vor seiner Entscheidung zunächst den EuGH um Auslegung einer einschlägigen EU-Richtlinie ersucht. Nun hat der BGH zugunsten der betroffenen Internethändlerin entschieden.

Informationen zur Herstellergarantie erst nach mehreren Klicks

Die beklagte Internethändlerin vertreibt online über die Internetplattform Amazon Schweizer Offiziersmesser. Die Angebotsseite enthält keine unmittelbare Aussage zu einer möglichen Herstellergarantie. Über einen Klick auf die Rubrik „Weitere technische Informationen“ öffnet sich für den User ein Link mit der Bezeichnung Betriebsanleitung, die wiederum zu einem Produktinformationsblatt führt, das einen Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthält. Dort heißt es:

 „Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt“.

Konkurrentin rügt Verletzung von Informationspflichten

Eine unmittelbare Konkurrentin der Beklagten sah in dieser Form der Verbraucherinformation einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten betreffend Garantien. Sie beantragte in ihrer Klage, es der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Garantien ohne Hinweis auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte der Verbraucher zu bewerben und ohne darauf hinzuweisen, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Ferner rügte die Klägerin, dass der Verbraucher nicht über den räumlichen Geltungsbereich der Garantie informiert wird.

Vorlagebeschluss zum EuGH

Nach erstinstanzlicher Abweisung der Wettbewerbsklage durch das LG gab das OLG der Klage statt. Im Revisionsverfahren setzte der BGH das Verfahren aus und bat den EuGH um Auslegung von Art. 6 Absatz 1 Buchstabe m der EU- Verbraucherrichtlinie 2011/83/EU. Die Vorschrift lautet:

„Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes: … m) gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien …“

Dezidierte Garantieinformationen nur bei Kaufrelevanz

Der EuGH hat die Anfrage des BGH dahingehend beantwortet, dass ein Unternehmer die Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über Bedingungen der Herstellergarantie dann informieren muss, wenn er die Garantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots und damit zu einem wesentlichen Verkaufsargument gemacht hat. Demgegenüber bedürfe es keiner gesonderten Information, wenn der Anbieter die Verbrauchergarantie nur beiläufig erwähnt hat und aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers unter Berücksichtigung des Angebotstextes die Garantie kein entscheidendes Kaufargument darstellt (EuGH, Urteil v. 5.5.2022, C-179/21).

Keine Verletzung der Informationspflichten nach der EU-Richtlinie

Nach der Bewertung des BGH hat die Beklagte auf ihrer Internetseite die Herstellergarantie nicht als wesentliches Argument für den Kaufabschluss herausgestellt. Das Produktinformationsblatt mit dem Link zur Herstellergarantie befinde sich auf der Angebotsseite der Beklagten auf einer untergeordneten Position und sei erst unter der Bezeichnung „Betriebsanleitung“ nach einem gesonderten Klick für den User zu finden. Daher steht die Herstellergarantie nach Auffassung des Senats nicht im Zentrum des Angebots der Beklagten sondern rangiert unter „ferner liefen“. Damit verneinte der BGH im konkreten Fall eine Verletzung der sich aus der EU-Richtlinie ergebenden Informationspflichten durch die Beklagte.

Keine Verletzung nationaler Informationspflichten

Mit der gleichen Argumentation ist nach Auffassung des Senats auch eine Verletzung der durch § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB statuierten Informationspflicht über den Fortbestand der gesetzlichen Gewährleistungsrechte neben einer Herstellergarantie zu verneinen. Das gleiche gelte für die allgemeine Informationspflicht zu Garantien gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB.

Beklagte hat kein verbindliches Garantieversprechen abgegeben

Ein anderes Ergebnis folgt nach der Entscheidung des BGH auch nicht aus der in § 479 Abs. 1 BGB normierten Pflicht zur Information über den Gegenstand und den Inhalt einer Garantie. Diese Vorschrift gelte nur für die Fälle, in denen der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages unterbreitet. Ein verbindliches Garantieversprechen enthalte der auf der Angebotsseite der Beklagten befindliche Link, der zu dem Produktionsinformationsblatt mit der Herstellergarantie führt, aber nicht.

Wettbewerbsklage abgewiesen

Im Ergebnis hat die Beklagte nach der Entscheidung des BGH ihren Käufern damit keine wesentlichen Informationen im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG vorenthalten. Damit sei das Verhalten der Beklagten nicht unlauter und damit nicht als wettbewerbswidrig zu bewerten. Der BGH hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf und stellte die klageabweisende Ursprungsentscheidung des LG wieder her.

(BGH, Urteil v. 10.11.2022, 1 ZR 241/19)



Schlagworte zum Thema:  Kaufvertrag, Gewährleistungsrecht