Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung, Infrarot-Wärmebildkameras, Gültigkeit der Verordnung (EU) Nr. 314/2011
Leitsatz (amtlich)
Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EU) Nr. 314/2011 der Kommission vom 30. März 2011 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur berühren könnte.
Normenkette
EUV 314/2011
Beteiligte
Raytek GmbH, Fluke Europe BV |
Commissioners for HM Revenue and Customs |
Verfahrensgang
First-Tier Tribunal (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 07.03.2013; ABl. EU 2013, Nr. C 141/16) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Gemeinsamer Zolltarif ‐ Zolltarifliche Einreihung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Infrarot-Wärmebildkameras“
In der Rechtssache C-134/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 7. März 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 2013, in dem Verfahren
Raytek GmbH,
Fluke Europe BV
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Raytek GmbH und der Fluke Europe BV, vertreten durch I. Humby, Consultant, und V. Sloane, Barrister,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Beeko als Bevollmächtigte im Beistand von R. Hill, Barrister,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und L. Flynn als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Gültigkeit der Verordnung (EU) Nr. 314/2011 der Kommission vom 30. März 2011 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 86, S. 57).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Klagen der Raytek GmbH und der Fluke Europe BV (im Folgenden: Raytek bzw. Fluke) gegen Entscheidungen der Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (im Folgenden: Commissioners) über die zolltarifliche Einreihung von Infrarot-Wärmebildkameras.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 3
Das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 (im Folgenden: HS-Übereinkommen) wurde im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigt.
Rz. 4
Nach Art. 3 Abs. 1 des HS-Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre zolltarifliche und statistische Nomenklatur mit dem HS in Einklang zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS ‐ ohne Zusätze oder Änderungen ‐ sowie die dazugehörigen Codes zu verwenden und der Nummerierung des HS zu folgen. Nach der genannten Bestimmung verpflichtet sich jede Vertragspartei außerdem, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS (im Folgenden: Allgemeine Vorschriften [HS]) und die Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS anzuwenden und die Tragweite der Abschnitte, Kapitel und Unterpositionen nicht zu ändern.
Rz. 5
Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens ‐ jetzt Weltzollorganisation (WZO) ‐, der durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel unterzeichnete internationale Abkommen über seine Gründung errichtet wurde, genehmigt nach Maßgabe von Art. 8 des HS-Übereinkommens die Erläuterungen, die der in Art. 6 des Übereinkommens geregelte Ausschuss für das HS ausgearbeitet hat (im Folgenden: HS-Erläuterungen).
Rz. 6
In der Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 3 (HS) heißt es:
„…
Allgemeine Vorschrift 3 a
…
IV) Es ist nicht möglich, starre Grundsätze festzulegen, nach denen bestimmt werden kann, ob eine Position die Waren genauer bezeichnet als eine andere; ganz allgemein kann jedoch gesagt werden:
a) Eine namentliche Bezeichnung ist genauer als eine Gattungsbezeichnung (z. B. gehören elektrische Rasierapparate und Haarschneide- und -schermaschinen mit eingebautem Elektromotor zu Pos. 8510 und nicht zu Pos. 8467 als von Hand zu führende Werkzeuge mit eingebautem Elektromotor oder zu Pos. 8509 als elektromechanische Haushaltsgeräte mit eingebautem Elektromotor).
b) Genauer ist die Warenbezeichnung, die die Waren deutlicher und vollständiger beschreibt.
Beispiele hierfür sind:
1) Nadelflorteppiche aus Spinnstoffen, erkennbar für den Gebrauch in Kraftfahrzeugen bestimmt, gehören nicht als Kraftfahrzeugzubehör zu Pos. 8708, sondern zu Pos. 5703, weil sie dort als Teppiche genauer bezeichnet sind.
2) Nicht gerahmtes, vorgespanntes Einschichten-Si...