Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegzugsbesteuerung, Wohnsitzverlegung ins Ausland, Verpflichtung, sämtliche nicht verrechneten Einkünfte in die Besteuerungsgrundlage des letzten Veranlagungszeitraums als gebietsansässige Steuerpflichtige einzubeziehen, spanisches Einkommensteuerrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG und 43 EG verstoßen, dass es mit Art. 14 Abs. 3 der Ley 35/2006 del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas y de modificación parcial de las leyes de los Impuestos sobre Sociedades, sobre la Renta de no Residentes y sobre el Patrimonio (Gesetz 35/2006 über die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen und zur teilweisen Änderung der Gesetze über die Körperschaftsteuer, die Steuer auf das Einkommen Gebietsfremder und die Vermögensteuer) vom 28. November 2006 eine Bestimmung erlassen und beibehalten hat, nach der Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, dazu verpflichtet sind, sämtliche nicht verrechneten Einkünfte in die Besteuerungsgrundlage ihres letzten Veranlagungszeitraums als gebietsansässige Steuerpflichtige einzubeziehen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Königreich Spanien trägt drei Viertel der gesamten Kosten. Die Europäische Kommission trägt das übrige Viertel.

4. Die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich der Niederlande und die Portugiesische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 18, 39, 43

 

Beteiligte

Europäische Kommission

Königreich Spanien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Art. 18 EG, 39 EG und 43 EG ‐ Art. 28 und 31 EWR-Abkommen ‐ Steuerrecht ‐ Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen ‐ Verpflichtung, sämtliche nicht verrechneten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage des letzten Veranlagungszeitraums einzubeziehen ‐ Verlust des gegebenenfalls in der Stundung der Steuerschuld bestehenden Vorteils“

In der Rechtssache C-269/09

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 15. Juli 2009,

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal und F. Jimeno Fernández als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke sowie durch K. Petersen als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich der Niederlande, vertreten durch C. Wissels und M. de Ree als Bevollmächtigte,

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Safjan, M. Ilešič und E. Levits sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2011,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG und 43 EG sowie aus den Art. 28 und 31 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es in Art. 14 der Ley 35/2006 del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas y de modificación parcial de las leyes de los Impuestos sobre Sociedades, sobre la Renta de no Residentes y sobre el Patrimonio (Gesetz 35/2006 über die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen und zur teilweisen Änderung der Gesetze über die Körperschaftsteuer, die Steuer auf das Einkommen Gebietsfremder und die Vermögensteuer) vom 28. November 2006 (BOE Nr. 285 vom 29. November 2006, S. 41734, berichtigt in BOE Nr. 57 vom 7. März 2007, S. 9634) eine Bestimmung erlassen und beibehalten hat, nach der Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, dazu verpflichtet sind, sämtliche nicht verrechneten Einkünfte in die Besteuerungsgrundlage ihres letzten Veranlagungszeitraums als gebietsansässige Steuerpflichtige einzubeziehen.

Spanisches Recht

Rz. 2

Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes 35/2006 stellt für die zeitliche Berücksichtigung steuerbarer Einkünfte folgende allgemeine Regel auf:

„Die Einkünfte und Aufwendungen, nach denen sich das in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehende Einkommen bestimmt, werden dem jeweiligen Veranlagungszeitraum nach folgenden Kriterien zugeordnet:

a) Einkünfte aus Arbeit und Kapital werden dem Veranlagungszeitraum zugeordnet, in dem der Anspruch des Berechtigten fällig wird;

b) Einkünfte aus wirtschaftlichen Tätigkeiten werden vorbehaltlich etwaiger gesetzlicher Sonderregelungen nach den Bestimmungen der Regelung über die Körperschaftsteuer zu...

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