Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sport, Eintrittsgelder für Sporthallen, Betrieb von Sportstätten durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie vorgesehenen Bedingung abhängig ist, obwohl zum einen dieser Mitgliedstaat am 1. Januar 1989 nicht auf alle diese Dienstleistungen Mehrwertsteuer erhob und zum anderen die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht bereits von der Mehrwertsteuer befreit waren, bevor die Erfüllung dieser Bedingung vorgeschrieben wurde.
2. Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der genannten Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannten Bedingung abhängig ist, diese Bedingung aber in Bezug auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und solche Dienstleistungen erbringen, nicht angewandt wird.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 133 Abs. 2
Beteiligte
Commissioners for HM Revenue and Customs |
Verfahrensgang
First-Tier Tribunal (Vereinigtes Königreich) (Beschluss vom 30.11.2015; Abl.EU 2016, Nr. C 59/6) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Steuerbefreiungen für Dienstleistungen, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen ‐ Art. 133 ‐ Ausnahme von der Befreiung bei Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen ‐ Dienstleistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben“
In der Rechtssache C-633/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Kammer für Steuersachen], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 30. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2015, in dem Verfahren
London Borough of Ealing
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter), der Richter E. Juhász und C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ des London Borough of Ealing, vertreten durch F. Mitchell, Barrister, beauftragt durch H. Grantham, Solicitor,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten im Beistand von R. Hill und P. Mantle, Barristers,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Dezember 2016
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 133 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, und Berichtigung ABl. 2007, L 335, S. 60).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem London Borough of Ealing (Londoner Bezirk Ealing, Vereinigtes Königreich) und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (Steuer- und Zollbehörde des Vereinigten Königreichs, im Folgenden: Steuerbehörde) über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit von Eintrittsgeldern für Sportanlagen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) in Verbindung mit Anhang E Nr. 4 dieser Richtlinie konnten die Mitgliedstaaten während der in Art. 28 Abs. 4 der Richtlinie genannten Übergangszeit die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie aufgeführten Umsätze weiterhin besteuern.
Rz. 4
Die Richtlinie 2006/112 hat gemäß ihren Art. 411 und 413 die Mehrwertsteuerv...