Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollunion. Gemeinsamer Zolltarif. Tarifierung der Waren. Kombinierte Nomenklatur. Raffiniertes, gebleichtes und desodoriertes Palmöl. Keine Methode zur Analyse der Konsistenz einer Ware vorgesehen
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Nova Targovska Kompania 2004 |
Teritorialna direktsia Mitnitsa Varna |
NOVA TARGOVSKA KOMPANIA 2004 AD |
Verfahrensgang
Administrativen sad Varna (Bulgarien) (Beschluss vom 19.04.2022; ABl. EU 2022, Nr. C 266/17) |
Tenor
1. Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in den Fassungen der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1602 der Kommission vom 11. Oktober 2018 und der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1776 der Kommission vom 9. Oktober 2019
ist wie folgt auszulegen:
Zur Position 1517 gehört eine Lebensmittelzubereitung aus Palmöl, die nicht unter die Position 1516 dieser Nomenklatur fällt und eine andere Bearbeitung als die Raffination erfahren hat, wobei es insoweit unerheblich ist, ob diese Zubereitung aufgrund dieser Bearbeitung chemisch modifiziert wurde.
2. Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in den Fassungen der Durchführungsverordnung 2018/1602 und der Durchführungsverordnung 2019/1776
ist wie folgt auszulegen:
Die Zollbehörden können mangels in dieser Nomenklatur festgelegter Methoden und Kriterien für die Feststellung, ob eine Lebensmittelzubereitung aus Palmöl, die nicht unter die Position 1516 dieser Nomenklatur fällt, eine andere Bearbeitung als die Raffination erfahren hat, die hierfür geeignete Methode wählen, sofern diese Methode zu Ergebnissen zu führen vermag, die mit dieser Nomenklatur vereinbar sind, was vom nationalen Gericht zu überprüfen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad – Varna (Verwaltungsgericht Varna, Bulgarien) mit Entscheidung vom 19. April 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Mai 2022, in dem Verfahren
Teritorialna direktsia Mitnitsa Varna
gegen
„NOVA TARGOVSKA KOMPANIA 2004” AD,
Beteiligte:
Okrazhna prokuratura – Varna,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Gratsias (Berichterstatter) sowie der Richter M. Ileš ič und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Teritorialna direktsia Mitnitsa Varna, vertreten durch Y. Kulev,
- der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Mitova und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Drambozova und M. Salyková als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Tarifpositionen 1511 und 1517 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in den Fassungen der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1602 der Kommission vom 11. Oktober 2018 (ABl. 2018, L 273, S. 1) und der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1776 der Kommission vom 9. Oktober 2019 (ABl. 2019, L 280, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Teritorialna direktsia Mitnitsa Varna (Gebietsdirektion Zollamt Varna, Bulgarien) (im Folgenden: Zolldirektion) und der „Nova Targovska kompania 2004” AD (im Folgenden: NTK 2004) über einen Bescheid, mit dem eine finanzielle Sanktion wegen Zollbetrugs gegen NTK 2004 verhängt wurde, weil diese im April 2019 und im September 2020 eingeführte und angemeldete Waren zolltariflich falsch eingereiht habe.
Rechtlicher Rahmen
HS
Rz. 3
Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde mit dem im Rahmen der Weltzollorganisation (WZO) am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt und mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt.
Rz. 4
Die Erläuterungen zum HS werden in der WZO nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens ausgearbeitet.
Rz. 5
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieses Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, und zwar erstens durch Verwendung aller Positionen und Unterpositionen des HS ohne Zusätze oder Änderungen sowie der dazugehörigen Codenummern, zweitens durch Anwendung der „Allgemeinen Vorschrift...