Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmeldung eines elektronischen Versandverfahrens für nicht vorhandene Waren, Entstehen einer Zollschuld
Leitsatz (amtlich)
Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auf einen Fall wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht anwendbar ist, in dem ein zugelassener Versender aufgrund eines Fehlers zwei externe Versandverfahren für ein und dieselbe Ware in Gang gesetzt hat, da das überzählige Versandverfahren, weil es eine nicht vorhandene Ware betrifft, nicht geeignet ist, zur Entstehung einer Zollschuld nach dieser Bestimmung zu führen.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 204 Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Skatteministeriet / DSV Road A/S |
Verfahrensgang
Vestre Landsret (Dänemark) (Urteil vom 24.06.2009; Abl.EU 2009, Nr. C 205/27) |
Tatbestand
„Zollkodex der Gemeinschaften ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ‐ Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Art. 859 ‐ Externes Versandverfahren ‐ Zugelassener Versender ‐ Entstehung einer Zollschuld ‐ Versanddokument für nicht vorhandene Waren“
In der Rechtssache C-234/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Vestre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 24. Juni 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juni 2009, in dem Verfahren
Skatteministeriet
gegen
DSV Road A/S
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der DSV Road A/S, vertreten durch A. Hedetoft und L. Kjær, advokater,
‐ der dänischen Regierung, vertreten durch R. Holdgaard als Bevollmächtigten im Beistand von P. Biering, advokat,
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hornstrup Bengtsson, B.-R. Killmann und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (ABl. L 117, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteministeriet (Ministerium für Steuern) und der DSV Road A/S (im Folgenden: DSV) über die Folgen der Einleitung zweier externer Versandverfahren für ein und dieselbe Ware.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 1 des Zollkodex bestimmt:
„Dieser Kodex und die auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Ebene dazu erlassenen Durchführungsvorschriften stellen das Zollrecht dar. Der Kodex gilt unbeschadet besonderer, auf anderen Gebieten bestehender Vorschriften
‐ im Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und Drittländern;
‐ für Waren, die unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft fallen.“
Rz. 4
Art. 4 Nrn. 9 und 10 des Zollkodex bestimmt:
„Im Sinne dieses Zollkodex ist oder sind
…
9. Zollschuld: die Verpflichtung einer Person, die für eine bestimmte Ware im geltenden Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Einfuhrabgaben (Einfuhrzollschuld) oder Ausfuhrabgaben (Ausfuhrzollschuld) zu entrichten;
10. Einfuhrabgaben:
‐ Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren;
‐ bei der Einfuhr erhobene Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen vorgesehen sind“.
Rz. 5
Art. 91 Abs. 1 des Zollkodex lautet:
„Im externen Versandverfahren können folgende Waren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden:
a) Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen;
…“
Rz. 6
Art. 92 des Zollkodex sieht vor:
„(1) Das externe Versandverfahren endet und die Verpflichtungen des Inhabers des Verfahrens sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.
(2) Die Zollbehörden...