Entscheidungsstichwort (Thema)
Quotenregelung im Zuckersektor, Produktionsabgabe für Zuckerwirtschaft, Festellung einer Mehrmenge Zucker, C-Zucker
Leitsatz (amtlich)
Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1443/82 der Kommission vom 8. Juni 1982 mit Durchführungsbestimmungen zur Anwendung der Quotenregelung im Zuckersektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 392/94 der Kommission vom 23. Februar 1994 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er den Fall, in dem die Behörden eines Mitgliedstaats im Rahmen einer beim Erzeuger durchgeführten nachträglichen Prüfung eine Mehrmenge Zucker feststellen, nicht erfasst, wenn diese Mehrmenge C-Zucker darstellt.
Normenkette
EWGV 1443/82 Art. 3 Abs. 4
Beteiligte
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Beschluss vom 08.03.2011; Aktenzeichen 4 K 1605/10; ABlEU 2011, Nr. C 179/8) |
Tatbestand
„Landwirtschaft ‐ Verordnung (EWG) Nr. 1443/82 ‐ Art. 3 Abs. 4 ‐ Anwendung der Quotenregelung im Zuckersektor ‐ Von den Behörden eines Mitgliedstaats bei einer beim Erzeuger durchgeführten nachträglichen Prüfung festgestellte Mehrmenge Zucker ‐ Berücksichtigung dieser Mehrmenge bei der Feststellung der endgültigen Zuckererzeugung für das Wirtschaftsjahr, in dem der Unterschied festgestellt wurde“
In der Rechtssache C-131/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 17. März 2011, in dem Verfahren
Pfeifer & Langen KG
gegen
Hauptzollamt Aachen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet, M. Ilešič und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Pfeifer & Langen KG, vertreten durch die Rechtsanwälte D. Ehle und C. M. Hagemann,
‐ des Hauptzollamts Aachen, vertreten durch M. Lambertz und R.-M. Gleim-Arnold als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Rossi und B. Schima als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 29. März 2012
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1443/82 der Kommission vom 8. Juni 1982 mit Durchführungsbestimmungen zur Anwendung der Quotenregelung im Zuckersektor (ABl. L 158, S. 17, und ‐ Berichtigung ‐ ABl. 1982, L 302, S. 32) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 392/94 der Kommission vom 23. Februar 1994 (ABl. L 53, S. 7) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1443/82).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Pfeifer & Langen KG (im Folgenden: Pfeifer & Langen) und dem Hauptzollamt Aachen über eine von den deutschen Behörden bei einer beim Erzeuger durchgeführten nachträglichen Prüfung festgestellte Mehrmenge Zucker und über das Wirtschaftjahr, dem diese Mehrmenge zuzuordnen ist.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Die Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 177, S. 4) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1148/98 der Kommission vom 2. Juni 1998 (ABl. L 159, S. 38) geänderten Fassung (im Folgenden: Grundverordnung) sollte im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker (im Folgenden: GMO Zucker) die Beschäftigungslage und den Lebensstandard der Erzeuger der Grundstoffe wie der Zuckerhersteller der Europäischen Gemeinschaft weiterhin sichern und die Sicherheit der Versorgung aller Verbraucher mit Zucker zu vernünftigen Preisen durch die Stabilisierung des Zuckermarktes gewährleisten.
Rz. 4
Zu diesem Zweck regelte die Grundverordnung die Erzeugung, die Einfuhr und die Ausfuhr von Zucker. Sie sah u. a. eine Regelung der den Unternehmen zugeteilten Erzeugungsquoten vor, die nach ihrem 15. Erwägungsgrund den Erzeugern die Gemeinschaftspreise und den Absatz ihrer Erzeugung garantierte.
Rz. 5
Im Rahmen dieser Quotenregelung wurde jedem Mitgliedstaat für jedes Wirtschaftsjahr (d. h. für die Zeit vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des darauffolgenden Jahres) eine Grundmenge für seine nationale Erzeugung zuerkannt. Diese Menge wurde in jedem einzelnen Mitgliedstaat nach den in der Grundverordnung festgelegten Kriterien in Form von A- und B-Produktionsquoten unter den Zucker erzeugenden Unternehmen aufgeteilt.
Rz. 6
Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung bestimmte:
„Im Sinne dieser Verordnung sind:
a) A-Zucker …: alle Zucker[mengen] …, die unter Anrechnung auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr im Rahmen der A-Quote des betreffenden Unternehmens erzeugt werden;
b) B-Zucker …: alle Zucker[mengen] …, die unter Anrechnung auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr erzeugt werden und die A-Quote überschreiten, ohne die Summe der A- und B-Quoten des betreffenden Unternehmens zu...