Entscheidungsstichwort (Thema)
Quotenregelung im Zuckersektor: Erfassung nachträglich festgestellter Mehrmengen
Leitsatz (redaktionell)
Der EuGH wird gemäß Artikel 267 Unterabsatz 2 AEUV um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:
Ist Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1443/82 der Kommission vom 8. Juni 1982 mit Durchführungsbestimmungen zur Anwendung der Quotenregelung im Zuckersektor dahin auszulegen, dass von dieser Bestimmung auch die von einer Behörde im Rahmen einer Prüfung bei dem Hersteller nachträglich festgestellten Mehrmengen erfasst werden?
Normenkette
VO (EWG) Nr. 1443/82 Art. 3 Abs. 3-4, Nr. 1785/81 Art. 24; VO (EWG) Nr. 1785/81Art. 27; VO (EWG) Nr. 1785/81 Art. 28, 28a
Streitjahr(e)
1997, 1998
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin stellt unter anderem in ihren Werken in A, B, C und D Zucker her. Auf ihre Anzeige vom 8. September 1998 stellte das seinerzeit zuständige Hauptzollamt X ihre endgültige Zuckererzeugung für das Wirtschaftsjahr 1997/98 erstmals mit Bescheid vom 25. September 1998 fest.
Das Hauptzollamt für Prüfungen X begann am 4. November 1999 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung. Nachdem ein gegen Verantwortliche der Klägerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren mit Verfügung der Staatsanwaltschaft X vom 31. Juli 2002 auf das Wirtschaftsjahr 1997/98 erweitert worden war, führte das Hauptzollamt Y am 16. Januar 2003 die Außenprüfung fort. Die Prüfung sollte sich unter anderem auf die Produktionsabgabe für das Zuckerwirtschaftsjahr 1997/98 beziehen.
Die Prüfer kamen in ihrem Bericht vom 9. Mai 2006 zu dem Ergebnis, dass für das Wirtschaftsjahr 1997/98 zusätzliche, während der Außenprüfung von ihnen ermittelte Erzeugungsmengen anzusetzen seien. Das beklagte Hauptzollamt folgte dem Prüfungsbericht und stellte mit Bescheid vom 28. Dezember 2006 für das Wirtschaftsjahr 1997/98 eine zusätzliche Erzeugungsmenge von insgesamt 96.574 dt WW fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 28. Dezember 2006 setzte das beklagte Hauptzollamt für die von ihm festgestellte zusätzliche Erzeugungsmenge von 96.574 dt Weißzuckerwert (WW) eine C-Zuckerabgabe von 5.810.857,58 EUR fest.
Die Klägerin legte gegen den Feststellungsbescheid vom 28. Dezember 2006 und den Abgabenbescheid vom selben Tage Einsprüche ein. Zur Begründung ihrer Einsprüche trug sie unter anderem vor: Das beklagte Hauptzollamt habe die angeblichen Mehrmengen nach Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1443/82 (VO Nr. 1443/82) der Kommission vom 8. Juni 1982 mit Durchführungsbestimmungen zur Anwendung der Quotenregelung im Zuckersektor (ABl EG Nr. L 158/17) nicht dem Wirtschaftsjahr 1997/98 zuordnen dürfen. Die behaupteten Mehrmengen seien nicht vor dem 1. Oktober 1998 bekannt geworden.
Das beklagte Hauptzollamt änderte mit Bescheid vom 27. April 2010 seinen Feststellungsbescheid vom 28. Dezember 2006 dahingehend, dass es für das Wirtschaftsjahr 1997/98 eine zusätzliche Erzeugungsmenge von noch 69.221 dt WW feststellte. Ferner änderte es mit Bescheid vom 27. April 2010 seinen Abgabenbescheid vom 28. Dezember 2006 dahingehend, dass es für die von ihm festgestellte zusätzliche Erzeugungsmenge von 69.221 dt WW eine C-Zuckerabgabe von 4.165.027,57 EUR festsetzte.
Mit Entscheidungen vom 27. April 2010 wies das beklagte Hauptzollamt die Einsprüche der Klägerin zurück und führte unter anderem aus: Die festgestellten Erzeugungsmengen seien zu Recht dem Wirtschaftsjahr 1997/98 zugeordnet worden. Artikel 3 Absatz 4 VO Nr. 1443/82 könne nur bei der Zuordnung hergestellter und vom Hersteller gemeldeter Erzeugungsmengen angewendet werden. Festgestellte nicht gemeldete Erzeugungsmengen seien dem Wirtschaftsjahr zuzuordnen, in dem die Mengen hergestellt worden seien.
Die Klägerin trägt mit ihrer Klage unter anderem vor: Der Feststellungsbescheid verstoße gegen Artikel 3 Absatz 4 VO Nr. 1443/82. Danach hätten etwaige Mehrmengen dem Wirtschaftsjahr der Feststellung zugeordnet werden müssen, so dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, die Mehrmengen unter Beachtung der Fristen der Artikel 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81 der Kommission vom 14. September 1981 mit Durchführungsvorschriften für die Erzeugung außerhalb der Quoten im Zuckersektor (ABl EG Nr. L 262/14) in Drittländer auszuführen. Die Vorschrift des Artikel 3 Absatz 4 VO Nr. 1443/82 gelte für jede nachträglich festgestellte Zuckermenge.
Das beklagte Hauptzollamt ist der Klage entgegengetreten und trägt unter anderem vor: Ein Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 4 VO Nr. 1443 liege nicht vor, weil unter Feststellung im Sinne dieser Vorschrift das Bekanntwerden im erzeugenden Unternehmen und nicht erst die amtliche Feststellung im Rahmen nachträglicher Prüfungen zu verstehen sei. Dem Hersteller stehe es nicht frei, durch unrichtige Anzeigen eine unzutreffende Feststellung der Erzeugung durch die Mitgliedstaaten mit dem Ziel der Verlagerung von Erzeugungsmengen in folgende Wirtschaftsjahre herbeizuführen.
Entscheidungsgründe
Für die En...