Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen vor Erstzulassung, Abgabe mit Umsatzsteuercharakter, Polen
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsteuer wie der in Polen im Gesetz über die Akzise (ustawa o podatku akcyzowym) vom 23. Januar 2004 vorgesehenen Akzise, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, nicht entgegensteht.
2. Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Akzise wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, soweit der Abgabenbetrag, der auf den Verkauf von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Gebrauchtfahrzeugen vor deren Erstzulassung erhoben wird, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Regelung und insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung des Finanzministers über die Senkung der Akzisesätze (rozporzadzenie Ministra Finansów w sprawie obnizenia stawek podatku akcyzowego)vom 22. April 2004 eine solche Folge hat.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 33; EGVtr Art. 90 Abs. 1
Beteiligte
Dyrektor Izby Celnej w Bialymstoku |
Verfahrensgang
Wojewódzki Sad Administ. w Bialymstoku (Polen) (Urteil vom 27.06.2007) |
Wojewódzki Sad Administ. w Bialymstoku (Polen) (Beschluss vom 27.06.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 283/20) |
Tatbestand
„Inländische Abgaben ‐ Kraftfahrzeugsteuern ‐ Verbrauchsteuer ‐ Gebrauchtfahrzeuge ‐ Einfuhr“
In der Rechtssache C-426/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Wojewódzki Sad Administracyjny w Bialymstoku (Polen) mit Entscheidung vom 27. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2007, in dem Verfahren
Dariusz Krawczynski
gegen
Dyrektor Izby Celnej w Bialymstoku
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und J.-J. Kasel,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von Herrn Krawczynski, vertreten durch W. Kloskowski, radca prawny,
‐ des Dyrektor Izby Celnej w Bialymstoku, vertreten durch W. Dziemiach, radca prawny,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Herrmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) und von Art. 90 Abs. 1 EG.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Krawczynski und demDyrektor Izby Celnej w Bialymstoku (Direktor der Zollkammer Bialystok) über Verbrauchsteuern, die zulasten von Herrn Krawczynski für den Verkauf von Gebrauchtkraftfahrzeugen vor ihrer Erstzulassung in Polen erhoben wurden.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmte:
„Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der geltenden Gemeinschaftsbestimmungen über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.“
Nationales Recht
4
In Art. 2 des Gesetzes über die Akzise (ustawa o podatku akcyzowym) vom 23. Januar 2004 (Dz. U. Nr. 29, Pos. 257) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2004) heißt es:
„In dem vorliegenden Gesetz bedeutet
…
11. innergemeinschaftlicher Erwerb: die Verbringung von Waren, die im Gebiet eines...