Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung des Vorsteuerabzugs, Gebäudevermietung, Gemischte Verwendung eines Gebäudes, Änderung der Nutzungsverhältnisse, Verwendungsabsicht

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 184, 187, 186, 185

 

Beteiligte

Stichting Schoonzicht

Stichting Schoonzicht

Staatssecretaris van Financiën

 

Verfahrensgang

Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Beschluss vom 14.12.2018; ABl. EU 2019 Nr. C 122/5)

 

Tenor

Die Art. 184 bis 187 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die eine für Investitionsgüter geltende Berichtigungsregelung enthalten, in der die Berichtigung über mehrere Jahre vorgesehen ist und nach der der gesamte ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug für das betreffende Gut während des ersten Jahres von dessen Verwendung, was auch dem ersten Jahr der Berichtigung entspricht, auf einmal berichtigt wird, wenn sich bei dieser erstmaligen Verwendung erweist, dass der Vorsteuerabzug nicht demjenigen entspricht, den der Steuerpflichtige auf der Grundlage der tatsächlichen Verwendung des Gutes vornehmen durfte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 14. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2018, in dem Verfahren

Stichting Schoonzicht

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter P. G. Xuereb, T. von Danwitz und A. Kumin (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

  • der Stichting Schoonzicht, vertreten durch B. G. van Zadelhoff als Beistand,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, zunächst vertreten durch A. Falk, J. Lundberg, C. Meyer-Seitz, H. Shev und H. Eklinder, dann durch die drei Letztgenannten, als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und N. Gossement als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. März 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 184 bis 187 und 189 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stichting Schoonzicht und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande) über eine in vollem Umfang und auf einmal vorgenommene Berichtigung, die sich auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug für den Bau eines Gebäudekomplexes aufgrund der Verwendung eines Teils dieses Gebäudekomplexes für eine steuerbefreite Tätigkeit bezog.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Gemäß Art. 14 Abs. 3 der Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedstaaten die Erbringung bestimmter Bauleistungen als Lieferung von Gegenständen betrachten.

Rz. 4

Nach Art. 167 der Richtlinie entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

Rz. 5

Art. 168 Buchst. a der Richtlinie bestimmt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden”.

Rz. 6

Art. 184 der Richtlinie sieht vor:

„Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.”

Rz. 7

Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„(1) Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.

(2) Abweichend von Absatz 1 unterbleibt die Berichtigung bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde, in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung, Verlust oder Diebstahl sowie bei Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und Warenmuster im Sinne des Artikels 16.

Bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung erfolgt, und bei Diebstahl können die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen.”

...

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