Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Pro-Rata-Satz des Vorsteuerabzugs, Rundungsregel
Leitsatz (amtlich)
Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die Rundungsregel des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage anzuwenden, wenn der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach einer der besonderen Methoden des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. a, b, c oder d dieser Richtlinie berechnet wird.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 19 Abs. 1
Beteiligte
Royal Bank of Scotland plc |
The Commissioners of HM Revenue and Customs |
Verfahrensgang
Court of Session (Schottland) (Urteil vom 31.10.2007; Abl.EU 2008, Nr. C 8/9) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Vorsteuerabzug ‐ Gegenstände und Dienstleistungen, die sowohl für besteuerte als auch für steuerfreie Umsätze verwendet wurden ‐ Pro-rata-Abzug ‐ Berechnung ‐ In Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 vorgesehene Methoden ‐ Verpflichtung zur Anwendung der Rundungsregel des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2“
In der Rechtssache C-488/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Court of Session (Scotland) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 31. Oktober 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2007, in dem Verfahren
Royal Bank of Scotland Group plc
gegen
The Commissioners of Her Majesty’s Revenue & Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Juhász und G. Arestis,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Royal Bank of Scotland Group plc, vertreten durch C. Tyre, QC, und D. Small, advocate,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross und S. Ossowski als Bevollmächtigte im Beistand von I. Hutton, Barrister,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und M. Afonso als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 und 19 Abs. 1 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Royal Bank of Scotland Group plc (im Folgenden: Royal Bank of Scotland) und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (im Folgenden: Commissioners), der im Vereinigten Königreich für die Erhebung der Mehrwertsteuer zuständigen Behörde, über den Umfang des Rechts dieser Gesellschaft auf Vorsteuerabzug.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Nach dem zwölften Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie „[müssen] die Pro-rata-Sätze des Steuerabzugs … in allen Mitgliedstaaten auf gleiche Weise berechnet werden“.
4
Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
a) dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;
b) den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
d) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
e) vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.“
5
Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
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