Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuerpflichtige Waren, Steuerbefreiung, Innergemeinschaftliche Lieferung, Reihengeschäft, Zuordnung der Warenbewegung
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Versendung oder Beförderung dieser Waren entsteht, durch einen Steuerpflichtigen, dessen übrige Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, anzuwenden ist.
2. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Umsätze, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung geführt haben, der Erwerb durch den Wirtschaftsteilnehmer, der im Bestimmungsmitgliedstaat der Versendung oder Beförderung dieser Waren Verbrauchsteuern zu entrichten hat, nicht als mehrwertsteuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb nach dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn diese Beförderung nicht diesem Erwerb zugeordnet werden kann.
3. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe derselben verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Beförderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung geführt haben, der Umstand, dass diese Waren in diesem Verfahren befördert worden sind, kein ausschlaggebender Umstand für die Feststellung ist, welchem Erwerb die Beförderung zuzuordnen ist, um ihn der Mehrwertsteuer gemäß dieser Bestimmung zu unterwerfen.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. lii; EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i
Beteiligte
Odvolací finanční ředitelství |
Verfahrensgang
Nejvyssí správní soud (Tschechien) (Beschluss vom 29.06.2017; Abl.EU 2017, Nr. C 300/24) |
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 29. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juli 2017, in dem Verfahren
AREX CZ a.s.
gegen
Odvolací finanční ředitelství
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász und C. Vajda,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Odvolací finanční ředitelství, vertreten durch T. Rozehnal, D. Jeroušek und D. Švancara als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Vláčil, O. Serdula und M. Smolek als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios, Z. Malušková und R. Lyal als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. Juli 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i und iii der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der AREX CZ a.s. (im Folgenden: Arex) und dem Odvolací finanční ředitelství (Einspruchsfinanzdirektion, Tschechische Republik) (im Folgenden: Finanzdirektion) über den Abzug der Mehrwertsteuer durch Arex für Erwerbe von Kraftstoffen bei tschechischen Lieferern, wobei die Kraftstoffe unter Steueraussetzung von Österreich in die Tschechische Republik befördert wurden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Die Mehrwertsteuerrichtlinie
Rz. 3
Der 36. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:
„Zum Vorteil der Steuerschuldner sowie der zuständigen Verwaltungen sollten die Verfahren für die Anwendung der Mehrwertsteuer auf bestimmte innergemeinschaftliche Lieferungen und Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die Verfahren und Erklärungspflichten für den Fall der Beförderung derartiger Waren in einen anderen Mitgliedstaat angeglichen werden, die in der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren [(ABl. 1992, L 76, S. 1) in der zuletzt durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 (ABl. 2004, L 359, S. 30) geänderten Fassung] geregelt sind.”
Rz. 4
In Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
b) der innergemeinschaftliche Erwer...