Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Wertpapierumsätze, Beschaffung von Mehrheitskapital, Indirekte Steuer mit Mehrwertsteuercharakter

 

Leitsatz (amtlich)

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift wie Art. 108 des Gesetzes 24/1988 über den Wertpapierhandel (Ley 24/1988 del Mercado de Valores) vom 28. Juli 1988 in der durch das Gesetz 18/1991 über die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen (Ley 18/1991 del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas) vom 6. Juni 1991 nicht entgegensteht, wonach auf die Erlangung der Mehrheit des Kapitals einer Gesellschaft, deren Aktiva im Wesentlichen aus Grundvermögen bestehen, eine von der Mehrwertsteuer verschiedene indirekte Steuer wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende erhoben wird.

 

Normenkette

EWGRL 388/77

 

Beteiligte

Caixa d Estalvis i Pensions de Barcelona

Generalidad de Cataluña

 

Verfahrensgang

Tribunal Supremo (Spanien) (Urteil vom 09.02.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 174/16)

 

Tatbestand

„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Befreiungen ‐ Umsätze, die den Verkauf von Wertpapieren betreffen und die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen mit sich bringen ‐ Erhebung einer von der Mehrwertsteuer verschiedenen indirekten Steuer ‐ Art. 49 AEUV und 63 AEUV ‐ Rein innerstaatlicher Sachverhalt“

In der Rechtssache C-139/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 9. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 19. März 2012, in dem Verfahren

Caixa d’Estalvis i Pensions de Barcelona

gegen

Generalidad de Cataluña

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Caixa d’Estalvis i Pensions de Barcelona, vertreten durch C. Gómez Barrero, J. Buendía Sierra und E. Zamarriego Santiago, abogados,

‐ der Generalidad de Cataluña, vertreten durch N. París als Bevollmächtigte,

‐ der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) sowie der Art. 49 AEUV und 63 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Caixa d’Estalvis i Pensions de Barcelona (im Folgenden: Caixa) und der Generalidad de Cataluña über einen Antrag auf Erstattung einer Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte (im Folgenden: Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Abschnitt V („Steuerbarer Umsatz“) der Sechsten Richtlinie sieht Art. 5 vor:

„(1) Als Lieferung eines Gegenstands gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

(3) Die Mitgliedstaaten können als körperlichen Gegenstand behandeln:

c) Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet.“

Rz. 4

In Abschnitt X („Steuerbefreiungen“) dieser Richtlinie besteht Art. 13 („Steuerbefreiungen im Inland“) aus Teil A („Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten“), Teil B („Sonstige Steuerbefreiungen“) und Teil C („Optionen“).

Rz. 5

In Art. 13 Teil B der Richtlinie heißt es:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

d) die folgenden Umsätze:

5. die Umsätze ‐ einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung ‐ die sich auf Aktien, Anteile an ...

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