Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliche Tätigkeit, Gestaltung zur Erlangung des Vorsteuerabzugs, Rechtsmissbrauch
Leitsatz (amtlich)
Umsätze wie die im Ausgangsverfahren fraglichen sind, selbst wenn sie ausschließlich in der Absicht getätigt werden, einen Steuervorteil zu erlangen, und sonst keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen und eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Artikel 2 Nummer 1, 4 Absätze 1 und 2, 5 Absatz 1 und 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in ihrer durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllen, auf denen diese Begriffe beruhen.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 2 Nr. 1, Art. 4 Abs. 1-2, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Beteiligte
University of Huddersfield |
University of Huddersfield Higher Education Corporation |
Commissioners of Customs & Excise |
Verfahrensgang
VAT and Duties Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) (Entscheidung vom 16.05.2003) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Artikel 2 Nummer 1, Artikel 4 Absätze 1 und 2, Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1 ‐ Wirtschaftliche Tätigkeit ‐ Lieferungen von Gegenständen ‐ Dienstleistungen ‐ Umsätze, deren alleiniger Zweck darin besteht, einen Steuervorteil zu erlangen“
In der Rechtssache C-223/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 16. Mai 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2003, in dem Verfahren
University of Huddersfield Higher Education Corporation
gegen
Commissioners of Customs & Excise
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Schiemann und J. Makarczyk, der Richter S. von Bahr (Berichterstatter) und J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter K. Lenaerts, P. Kũris, E. Juhász und G. Arestis,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der University of Huddersfield Higher Education Corporation, vertreten durch K. P. E. Lasok, QC, beauftragt durch A. Brown, Solicitor,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von C. Vajda, QC, und M. Angiolini, Barrister,
‐ Irlands, vertreten durch D. J. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von A. M. Collins, SC,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2005
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 2 Nummer 1, 4 Absätze 1 und 2, 5 Absatz 1 und 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in ihrer durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der University of Huddersfield Higher Education Corporation (im Folgenden: Universität) und den Commissioners of Customs & Excise (im Folgenden: Commissioners) wegen der Nichtanerkennung eines von der Universität im Rahmen eines Steuersparplans vorgenommenen Abzugs von für die Renovierung einer Mühle entrichteter Vorsteuer durch die Commissioners.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Nach Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.
4
Nach Artikel 4 Absatz 1 dieser Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Absatz 2 dieses Artikels genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig ausübt. Der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeiten“ ist in diesem Absatz 2 definiert als alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden, u. a. Leistungen, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen.
5
Artikel 4 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanziell...