Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälschung von Ausgangsbestätigungen, Sanktionen, betrügerisches Verhalten eines Vertragspartners

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Sanktion gegen einen Ausführer, der eine Ausfuhrerstattung für eine Ware beantragt hat, verhängt werden kann, wenn diese Ware infolge des betrügerischen Verhaltens seines Vertragspartners nicht ausgeführt worden ist.

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 1

 

Beteiligte

AOB Reuter

AOB Reuter & Co

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Beschluss vom 15.02.2007; Aktenzeichen 4 K 204/06; EFG 2007, 1564)

 

Tatbestand

„Landwirtschaft ‐ Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ‐ Art. 11 ‐ System der Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse ‐ Voraussetzung für die Gewährung der Erstattung ‐ Nach Vorlage von seinem Vertragspartner gefälschter Papiere an den Ausführer gezahlte Erstattung ‐ Nicht ausgeführte Ware ‐ Voraussetzungen für die Verhängung von Sanktionen“

In der Rechtssache C-143/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. Februar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 13. März 2007, in dem Verfahren

AOB Reuter & Co.

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Jonas,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und J. Malenovský,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der AOB Reuter & Co., vertreten durch die Rechtsanwälte H.-J. Prieß und M. Niestedt,

‐ des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch G. Seber als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und Z. Maršálková als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57; Berichtigung: ABl. 1995, L 132, S. 22) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der AOB Reuter & Co. (im Folgenden: AOB Reuter) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen der Verhängung von Sanktionen infolge der Zahlung einer Erstattung, die auf der Grundlage von Papieren gewährt wurde, die von einem Dritten gefälscht worden waren.

Rechtlicher Rahmen

3

Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 5 der Verordnung Nr. 2945/94 lauten:

„Nach der geltenden Gemeinschaftsregelung werden Ausfuhrerstattungen einzig und allein anhand objektiver Kriterien gewährt, die insbesondere Quantität, Art und Merkmale des Ausfuhrerzeugnisses sowie seine geografische Bestimmung betreffen. Da aufgrund der bisherigen Erfahrungen insbesondere zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts gehende Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle stärker bekämpft werden sollten, müssen zu Unrecht gezahlte Beträge zurückgefordert und Sanktionen vorgesehen werden, welche die Ausführer veranlassen, das Gemeinschaftsrecht einzuhalten.

Damit die Ausfuhrerstattungen ordnungsgemäß gewährt werden, müssen Sanktionen unabhängig vom Anteil subjektiver Schuld verhängt werden. Von der Verhängung einer Sanktion sollte jedoch insbesondere dann abgesehen werden, wenn es sich um einen offensichtlichen, von der zuständigen Behörde anerkannten Irrtum handelt. Vorsatz ist jedoch stärker zu ahnden.

Die Angaben eines Ausführers könnten, sofern der wahre Sachverhalt nicht erkannt wird, unrechtmäßige Zahlungen zur Folge haben. Wird der wahre Sachverhalt festgestellt, so erscheint es angemessen, den Ausführer nach Maßgabe des Betrags zu bestrafen, den er sonst zu Unrecht erhalten hätte. Bewusst falsche Angaben sollten billigerweise noch schärfer geahndet werden.

Die bisher gesammelten Erfahrungen, die in diesem Zusammenhang festgestellten Unregelmäßigkeiten und insbesondere die Betrugsfälle zeigen, dass eine solche Maßnahme sowohl erforderlich als auch angemessen ist, dass sie hinreichend abschreckend sein wird und dass sie in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden muss.“

4

Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

„Unbeschadet der Artikel 5 und 16 ist die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für welc...

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