Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Binnenmarkt. Ausschluss der Bestimmungen über die Steuern. Dienste der Informationsgesellschaft. Elektronischer Geschäftsverkehr. Internetportal zur Vermittlung von Immobilien. Ausschluss des Bereichs der Besteuerung. Begriffsbestimmung. Regionale Regelung über eine Steuer auf Touristenunterkünfte. Vorschrift, nach der Vermittler verpflichtet sind, der Finanzverwaltung auf schriftliches Verlangen bestimmte Daten über den Betrieb solcher Einrichtungen mit dem Ziel zu übermitteln, für diese Steuer die Steuerpflichtigen zu ermitteln. Keine Diskriminierung. Keine Beschränkung
Normenkette
AEUV Art. 56 Art. 114 Abs. 2; Richtlinie 2000/31/EG Art. 1 Abs. 5 Buchst. a
Beteiligte
Région de Bruxelles-Capitale |
Tenor
1. Eine Bestimmung einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats, nach der Vermittler in Bezug auf Touristenunterkünfte, die sich in einer Region dieses Mitgliedstaats befinden und für die sie als Vermittler tätig sind oder die von ihnen beworben werden, verpflichtet sind, der Steuerverwaltung auf deren schriftliches Verlangen hin die Daten des Betreibers und die Namen und Adressen der Touristenunterkünfte sowie die Zahl der Übernachtungen und der betriebenen Beherbergungseinheiten im abgelaufenen Jahr zu übermitteln, ist als ihrer Art nach untrennbar mit der Regelung verbunden anzusehen, zu der sie gehört, und fällt mithin in den „Bereich der Besteuerung”, der ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) ausgenommen ist.
2. Eine Regelung, nach der die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig von ihrem Niederlassungsort und ihren Vermittlungsmodalitäten in Bezug auf Touristenunterkünfte, die sich in einer Region des betreffenden Mitgliedstaats befinden und für die sie als Vermittler tätig sind oder die von ihnen beworben werden, verpflichtet sind, der Steuerverwaltung auf deren schriftliches Verlangen hin die Daten des Betreibers und die Namen und Adressen der Touristenunterkünfte sowie die Zahl der Übernachtungen und der betriebenen Beherbergungseinheiten im abgelaufenen Jahr zu übermitteln, verstößt nicht gegen das in Art. 56 AEUV aufgestellte Verbot.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour constitutionnelle (Verfassungsgerichtshof, Belgien) mit Entscheidung vom 26. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Dezember 2020, in dem Verfahren
Airbnb Ireland UC
gegen
Région de Bruxelles-Capitale
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter J. Passer, F. Biltgen und N. Wahl (Berichterstatter) sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
- der Airbnb Ireland UC, vertreten durch D. Van Liedekerke, Advocaat, sowie durch A. Laes und M. Van Lierde, Avocats,
- der Région de Bruxelles-Capitale, vertreten durch C. Molitor, Avocat,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch N. Vincent und T. Stéhelin als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von R. Guizzi, Avvocato dello Stato,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und J. Hoogveld als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels, S. Kalėda, P.-J. Loewenthal und L. Armati als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 5 Buchst. a und Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) (ABl. 2000, L 178, S. 1), von Art. 1 bis 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006, L 376, S. 36) sowie von Art. 56 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen einer von der Airbnb Ireland UC erhobenen Klage auf Nichtigerklärung von Art. 12 der Ordonnanz der Région de Bruxelles-Capitale (Region Brüssel-Hauptstadt) vom 23. Dezember 2016 über die Regionalsteuer auf Touristenunterkü...