Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattungen, Nachweis für die Ausfuhr, Vorlage eines gleichwertigen Nachweises, Gebot der Berücksichtigung von Amts wegen
Leitsatz (amtlich)
Art. 47 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2955/94 der Kommission vom 5. Dezember 1994 geänderten Fassung ist auf die direkte Ausfuhr von Erzeugnissen nicht anwendbar.
Kann jedoch das innerstaatliche Ausfuhrdokument, das belegt, dass die betreffenden Erzeugnisse das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen haben, aus vom Ausführer nicht zu vertretenden Gründen nicht vorgelegt werden, so hat die für Ausfuhrerstattungen zuständige nationale Behörde gemäß den Zwecken der Verordnung Nr. 3665/87 in der durch die Verordnung Nr. 2955/94 geänderten Fassung gleichwertige Nachweise und konkludent gestellte Anträge auf Anerkennung der Gleichwertigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen. Diese Nachweise müssen jedoch eine gleichwertige Kontrolle nach den Modalitäten des nationalen Rechts ermöglichen, sofern diese die Bedeutung und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beachten.
Ist das fruchtlose Verstreichen der Frist für die Vorlage gleichwertiger Nachweise den zuständigen nationalen Behörden zuzurechnen, so können diese die Zwölfmonatsfrist des Art. 47 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3665/87 in der durch die Verordnung Nr. 2955/94 geänderten Fassung einem sorgfältigen Ausführer nicht entgegenhalten.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 43 Abs. 1-2
Beteiligte
Bonn Fleisch Ex- und Import GmbH |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Landwirtschaft Regelung für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 Vorlage des Nachweises für die Ausfuhr der Erzeugnisse Vorlage eines gleichwertigen Nachweises Art. 47 Abs. 3 Anerkennung von Belegen, die nicht mit einem ausdrücklich gestellten Antrag auf Anerkennung anderer gleichwertiger Unterlagen verbunden sind, von Amts wegen als gleichwertiger Nachweis Keine Anwendung auf direkte Ausfuhren Nationale Verfahrensmodalitäten Verpflichtungen der zuständigen nationalen Behörden“
In der Rechtssache C-1/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Januar 2006, in dem Verfahren
Bonn Fleisch Ex- und Import GmbH
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Bonn Fleisch Ex- und Import GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt K. Landry,
‐ des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch S. Plenter als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch I. Chalkias und S. Papaioannou als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. März 2007
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 47 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2955/94 der Kommission vom 5. Dezember 1994 (ABl. L 312, S. 5) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bonn Fleisch Ex- und Import GmbH (im Folgenden: Bonn Fleisch) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas über die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen durch das Hauptzollamt Hamburg-Jonas.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Verordnung (EWG) Nr. 3566/92
3
Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3566/92 der Kommission vom 8. Dezember 1992 über die Papiere, die zur Anwendung von Gemeinschaftsmaßnahmen zu verwenden sind, die eine Überwachung der Verwendung und/oder der Bestimmung der Waren mit sich bringen (ABl. L 362, S. 11), bestimmt:
„Hängt die Anwendung einer Gemeinschaftsmaßnahme auf dem Gebiet der Wareneinfuhr, der Warenausfuhr oder des Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft von dem Nachweis ab, dass die betreffenden Waren der in der Maßnahme vorgesehenen oder vorgeschriebenen Verwendung und/oder Bestimmung zugeführt worden sind, so ist der Nachweis durch die Vorlage eines Kontrollexemplars T 5 zu erbringen. …“
Verordnung Nr. 3665/87
4
Der 50. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 3665/87 lautet:
„Mitunter kann aus Gründen, die ...