Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftskonformität der österreichischen Normverbrauchsabgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Die Artikel 39 EG und 12 EG stehen dem nicht entgegen, dass einer Privatperson aus einem Mitgliedstaat, die sich aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug in den letztgenannten Staat einführt, eine Verbrauchssteuer wie die im Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchs-Grundabgabe auferlegt wird.
2. Eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchs-Grundabgabe ist eine inländische Abgabe, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nicht anhand der Artikel 23 EG und 25 EG, sondern anhand des Artikels 90 EG zu prüfen ist.
3. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der im Ausgangsverfahren streitigen Normverbrauchs-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit deren Beträge den tatsächlichen Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln und die Erreichung des Zieles ermöglichen, derartige Fahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
4. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeugs aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson der Erhebung eines Zuschlags von 20% auf eine Abgabe mit den Merkmalen der im Ausgangsverfahren streitigen Normverbrauchs-Grundabgabe entgegensteht.
Normenkette
EGV Art. 12, 39, 90
Beteiligte
Finanzlandesdirektion für Vorarlberg |
Verfahrensgang
VwGH Wien (Österreich) (Beschluss vom 20.09.2001) |
Tatbestand
"Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Einfuhr von Kraftfahrzeugen - Normverbrauchsabgabe - Zölle und Abgaben gleicher Wirkung - Diskriminierende Besteuerung - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Umsatzsteuer"
In der Rechtssache C-387/01
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Harald Weigel,
Ingrid Weigel
gegen
Finanzlandesdirektion für Vorarlberg
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 12 EG, 23 EG, 25 EG, 39 EG und 90 EG sowie der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L145, S.1) in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L376, S.1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer),
unter Mitwirkung des Richters V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin),
Generalanwalt: A. Tizzano,Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
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von Herrn und Frau Weigel, vertreten durch Rechtsanwalt W. Weh,
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der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
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der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde und J. BeringLiisberg als Bevollmächtigte,
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der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,
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der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn und Frau Weigel, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Weh und W. Simmer, der österreichischen Regierung, vertreten durch F. Sutter als Bevollmächtigten, der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch K. Gross, in der Sitzung vom 10. April 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juli 2003,
folgendes
Urteil
1
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 20. September 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Oktober 2001, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 12 EG, 23 EG, 25 EG, 39 EG und 90 EG sowie der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L145, S.1) in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L376, S.1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn und Fr...