Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Dienstleistung, die vor dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union erbracht wurde. Genaue Bestimmung des Preises dieser Leistung, die nach dem Beitritt erfolgt ist. Rechnung über diese Leistung, die nach dem Beitritt ausgestellt und beglichen wurde. Versagung des auf dieser Rechnung beruhenden Rechts auf Vorsteuerabzug wegen Verjährung. Zuständigkeit des Gerichtshofs
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1, Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1; EGRL 112/2006 Art. 63, 64 Abs. 1, Art. 66 Abs. 1 Buchst. a, b, c, Art. 167, 179 Abs. 1
Beteiligte
EUROVIA Ipari, Kereskedelmi, Szállítmányozási és Idegenforgalmi Kft |
Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága |
Verfahrensgang
Kúria (Ungarn) (Beschluss vom 07.03.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 187/48) |
Tenor
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Beantwortung der von der Kúria (Oberstes Gericht, Ungarn) vorgelegten Fragen nicht zuständig.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Oberstes Gericht, Ungarn) mit Entscheidung vom 7. März 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 27. März 2019, in dem Verfahren
EUROVIA Ipari, Kereskedelmi, Szállítmányozási és Idegenforgalmi Kft.
gegen
Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis (Berichterstatter) sowie der Richter M. Ilešič und C. Lycourgos,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas und J. Jokubauskaitė als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) und der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der EUROVIA Ipari, Kereskedelmi, Szállítmányozási és Idegenforgalmi Kft. (im Folgenden: Eurovia) und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága (Direktion für Rechtsbehelfsangelegenheiten der nationalen Steuer- und Zollverwaltung, Ungarn, im Folgenden: Steuerverwaltung) über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Steuerverwaltung, mit der diese Eurovia das Recht auf Vorsteuerabzug wegen Verjährung versagt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Sechste Richtlinie
Rz. 3
Art. 10 der Sechsten Richtlinie bestimmte:
„(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als
- Steuertatbestand: der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden;
- Steueranspruch: der Anspruch, den der Fiskus nach dem Gesetz gegenüber dem Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt ab auf die Zahlung der Steuer geltend machen kann, selbst wenn Zahlungsaufschub gewährt werden kann.
(2) Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird … [D]ie Dienstleistungen, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, gelten jeweils mit Ablauf des Zeitraums als bewirkt, auf die sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.
…
Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder für Gruppen von Steuerpflichtigen zu den folgenden Zeitpunkten entsteht:
- entweder spätestens bei der Ausstellung der Rechnung oder des an deren Stelle tretenden Dokuments
- oder spätestens bei der Vereinnahmung des Preises
- oder im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten Ausstellung der Rechnung oder des an deren Stelle tretenden Dokuments, binnen einer bestimmten Frist nach dem Zeitpunkt des Eintretens des Steuertatbestands.
…”
Rz. 4
Art. 17 der Richtlinie sah vor:
„(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,
…”
Rz. 5
Art. 18 der Richtlinie ...