Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Unternehmer U hat am 20.7.2024 ein neues Fahrzeug erworben, für das ihm in einer ordnungsgemäßen Rechnung 30.000 EUR zzgl. 5.700 EUR Umsatzsteuer berechnet worden sind. U unterhält im Rahmen seines Unternehmens einen Bereich "Versicherungsvermittlung" und einen Bereich "Handelsvertretung".
2.2 Fragestellungen
U möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn ergeben, wenn er das neu erworbene Fahrzeug alternativ in folgendem Umfang nutzen würde:
- Ausschließlich für seinen Bereich "Versicherungsvermittlung", eine private Nutzung soll nicht erfolgen.
- Zu 50 % für seinen Bereich "Versicherungsvermittlung" und zu 50 % für seinen Bereich "Handelsvertretung", eine private Nutzung soll nicht erfolgen.
- U möchte das Fahrzeug überwiegend (ca. 96 %) für seine Tätigkeit im Bereich Versicherungsvermittlung verwenden, ansonsten – geringfügig – für Fahrten im Bereich der Handelsvertretung.
- Nutzung in seinem Bereich "Versicherungsvermittlung". Darüber hinaus will U das Fahrzeug auch zu 20 % privat nutzen.
- Die Nutzung soll in gleichem Umfang im Bereich der Versicherungsvermittlung und der Handelsvertretung erfolgen. Darüber hinaus will U das Fahrzeug auch zu 20 % privat nutzen.
- U nutzt das Fahrzeug zu 92 % für private Zwecke und zu 8 % für unternehmerische Zwecke (Handelsvertretung und Versicherungsvermittlung).
- U nutzt das Fahrzeug im Bereich der Versicherungsvermittlung und überlässt das Fahrzeug aufgrund einer individuellen Vereinbarung im Arbeitsvertrag einem Mitarbeiter.
- U möchte sich ein voll elektrisches Fahrzeug anschaffen und bittet um Auskunft, welche Auswirkungen sich daraus für die Umsatzsteuer ergeben würden.
2.3 Lösung
U ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG und kann grundsätzlich Gegenstände seinem Unternehmen zuordnen.
Kein zwingendes Aufteilungsgebot
Da U das Fahrzeug nur für unternehmerische und private Zwecke und nicht auch für nichtwirtschaftliche Zwecke i. e. S. verwendet, kommt eine zwingende Aufteilung des Fahrzeugs (Aufteilungsgebot) nicht in Betracht.
Soweit U Ausgangsleistungen im Bereich der Versicherungsvertretung (steuerfreie Ausgangsleistungen nach § 4 Nr. 11 UStG) ausführt, ist er für damit direkt in Zusammenhang stehende Eingangsleistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Eine Ausnahme vom Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 3 UStG ergibt sich dabei nicht. Eine Verwendung im Bereich der Handelsvertretung schließt den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG nicht aus. Verwendet U für sein Unternehmen bezogene Leistungen sowohl für den Bereich der Versicherungsvermittlung als auch im Bereich der Handelsvertretung, muss die Vorsteuer für die bezogene Leistung nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden. Bei dem erworbenen Fahrzeug wäre der sachgerechte Aufteilungsmaßstab die in den einzelnen Bereichen angefallene Fahrleistung – soweit kein Fahrtenbuch geführt werden sollte, müsste diese im Rahmen einer sachgerechten Schätzung ermittelt werden.
Der geeignete Aufteilungsmaßstab
Werden Gegenstände sowohl für den Vorsteuerabzug berechtigende als auch für den Vorsteuerabzug nicht berechtigende Ausgangsleistungen verwendet, muss geprüft werden, welches der sachgerechte Aufteilungsmaßstab ist. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Gesamtumsätzen ist nur zulässig, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist. Eine Aufteilung nach den Ausgangsumsätzen des Unternehmers (Gesamtumsatzschlüssel) wird hier wohl nicht in Betracht kommen, da die Ausgangsumsätze in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu der Nutzung des Fahrzeugs stehen. Eine Aufteilung im Verhältnis der gefahrenen Kilometer (anhand eines Fahrtenbuchs oder sachgerechter Schätzung) wird hier eine präzisere wirtschaftliche Zuordnung darstellen.
Bei Anwendung eines "sachgerechten Aufteilungsmaßstabs" ist der Prozentsatz auf 2 Nachkommastellen zu runden. Da der exakte Aufteilungsmaßstab des betreffenden Kalenderjahrs unterjährig für die laufende Buchhaltung noch nicht ermittelbar ist, muss für die laufenden Kosten der Vorsteuerabzug anhand eines geschätzten Aufteilungsmaßstabs vorgenommen werden (z. B. anhand der Vorjahreswerte) und dann in der Jahressteuererklärung an die tatsächlichen Werte des Besteuerungszeitraums angepasst werden.
Wenn U sich ein Elektrofahrzeug kaufen sollte, ergeben sich grds. keine anderen Ergebnisse, ertragsteuerrechtliche Begünstigungen werden nicht für die Umsatzsteuer übernommen. Allerdings können sich weitere Konsequenzen ergeben, wenn sich U die für ein Elektrofahrzeug mögliche THG-Minderungsquote auszahlen lässt.
a) Verwendung ausschließlich für den Bereich der Versicherungsvermittlung
Da das Fahrzeug ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet wird, ist es – ohne Zuordnungswahlrecht des Unternehmers – Gegenstand des Unternehmens geworden (Zuordnungsgebot).
Steuerpflichtige Verwendung nicht Voraussetzung für Zuordnung
Ob das Fahrzeug für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsleistunge...