Gesicherte Informationen über die Entwicklung des Unternehmens gibt es nur aus dem Rechnungswesen. Bevor das Controlling mit der Arbeit beginnt, muss die Buchhaltung die Periode abgeschlossen haben. Das dauert einige Zeit, in der wichtige Entscheidungen nicht oder nur unter unvollständiger Information getroffen werden können. Große Konzerne habe ihre Verwaltung so hoch entwickelt, dass diese den Monats-, Quartals- oder Jahresabschluss innerhalb weniger Tage erledigen können. Kleine und mittlere Unternehmen, die diese Kapazitäten nicht haben, gleichen die längere Wartezeit durch schnellere Entscheidungswege mit viel subjektiver Einschätzung aus. Doch das reicht nicht mehr. Die Banken verlangen auch von ihren kleinen und mittelständischen Kreditnehmern schnelle und vor allem fundierte Informationen. Immer mehr Unternehmen werden von Großunternehmen gekauft und damit Teil eines Konzerns mit entsprechenden Berichtsvorschriften. Der Fast Close, der schnelle buchhalterische Abschluss einer Periode, ist im Mittelstand angekommen.
1.1 Das Unternehmen
Anforderungen steigen
Das erlebt auch der Leiter des Rechnungswesens eines mittelständischen Unternehmens, das mit 350 Mitarbeitern Grundstoffe für die Nahrungsmittelindustrie herstellt. Damit werden ca. 50 Mio. EUR Umsatz pro Jahr erwirtschaftet. Bis vor einigen Monaten war das Unternehmen noch ein typisches Familienunternehmen. Der Buchhaltungsabschluss wurde ca. 3 Wochen nach Ende der jeweiligen Periode erstellt, der Jahresabschluss dauerte sogar noch etwas länger. Nach dem Verkauf aller Anteile an einen großen Mitbewerber ist das Unternehmen jetzt Teil eines internationalen Konzerns. Schnell wird klar, was die neuen Eigentümer erwarten: Informationen, umfangreiche Informationen und schnelle Informationen. Der Weg dahin ist lang, wird aber in Rekordzeit absolviert.
1.2 Das Ziel
Besondere Abmachung mit dem Konzern
Die Vorgabe der Konzernmutter verlangt einen Bericht aus der Buchhaltung am vierten Arbeitstag des Folgemonates. Das ist als echter Buchhaltungsabschluss nicht zu erreichen, da viele externe Dokumente, vor allem Eingangsrechnungen z. B. für Energie, nicht früh genug im Unternehmen sind. So wurde eine besondere Abmachung getroffen, um das Informationsbedürfnis des Konzerns zu stillen und dennoch exakte Buchhaltungsergebnisse zu produzieren.
- Am vierten Arbeitstag des Folgemonats wird ein vorläufiger Abschluss in der Buchhaltung erstellt.
- Dieser enthält alle bis dahin vorliegenden Istdaten. Die nicht vorliegenden Daten werden durch eine qualifizierte Schätzung ersetzt.
- Die Schätzung beruht auf budgetierten Werten und/oder auf vorhandenen Istmengen, die mit Durchschnittspreisen bewertet werden.
- Die Schätzung wird gemeinsam mit dem Controlling durchgeführt.
- Der vorläufige Abschluss wird an die Konzernmutter berichtet, die Buchhaltung bucht jedoch noch weiter in den alten Monat.
- Die so entstehenden Differenzen zwischen dem späteren tatsächlichen Buchhaltungsabschluss und den berichteten Werten werden mit dem nächsten Report der Monatswerte ausgeglichen.
Die Controller des Konzerns haben diese Vorgehensweise nach langen Verhandlungen akzeptiert. Sie verlangen jedoch, dass es nicht zu einem Genauigkeitsverlust kommen darf. Abweichen zwischen tatsächlichen Werten und berichteten Zahlen dürfen daher nicht mehr als 5 % betragen.
1.3 Der Weg
Eine solche Vereinbarung muss auch die Geschäftsführung mittragen. Mit ihr wurde der Weg hin zu einer gemeinsamen Lösung festgelegt. Dazu werden zunächst die Problembereiche identifiziert, die bei einem Fast Close Hindernisse bilden. Als nächstes wird ein Lösungsansatz erarbeitet, der mithilfe des gesamten Rechnungswesens, also dem internen und dem externen Rechnungswesen, möglichst zuverlässig zu frühen Ergebnissen führt. Ist dieser mit dem Mutterkonzern abgestimmt, werden die Aufgaben für den Fast Close verteilt. Dabei spielen neben der Buchhaltung und dem Controlling auch die Fachbereiche eine Rolle. Erst nach Klärung aller Aufgaben und Verantwortlichkeiten erfolgt die Umsetzung.
Verantwortung in der Buchhaltung
Die Buchhalter müssen durch intensive Gespräche davon überzeugt werden, dass dieser Weg nur gemeinsam mit dem Controlling erfolgreich sein kann. Als Ausgleich für den Verlust der klaren Buchführungsregeln der berichteten Werte behält die Buchführung die Verantwortung für den Berichtsprozess. Damit ist sichergestellt, dass der Report in Form von GuV und Bilanz den rechtlichen Vorschriften entspricht.