Leitsatz

Veranstaltet ein Arbeitgeber anlässlich der Verabschiedung eines Arbeitnehmers einen Empfang, ist entgegenR 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR auch bei Überschreiten der Freigrenze von 110 EUR unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers handelt.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Inanspruchnahme der Klägerin im Wege der Lohnsteuerhaftung. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung hat das Finanzamt die Aufwendungen für eine Verabschiedungsveranstaltung des Vorstandsvorsitzenden einer Bank insgesamt als Arbeitslohn behandelt, da die Freigrenze von 110 Euro pro Teilnehmer (R 19.3 Abs. 3 Nr. 3 LStR) überschritten worden sei. Im Einspruchs- und Klageverfahren trägt die Klägerin vor, dass aufgrund des überwiegenden betrieblichen Interesses der Klägerin an der Veranstaltung die angefallenen Kosten nicht als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn, sondern als Betriebsausgaben der Klägerin zu qualifizieren seien. Bei der Prüfung der Gesamtumstände lasse das Finanzamt entgegen der BFH-Rechtsprechung zu Unrecht die weiteren Anlässe der Veranstaltung, die Präsentation des neuen Vorstandsvorsitzenden und der geänderten Zusammensetzung des Vorstands unberücksichtigt.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Das FG hat festgestellt, dass es sich um ein Fest der Klägerin handelte, da die Gästeliste nach geschäftlichen Gesichtspunkten erstellt worden und die Klägerin als Gastgeberin aufgetreten sei. Die Teilnahme privater Gäste des bisherigen Vorstandsvorsitzenden sei nur in geringem Umfang erfolgt. Nach Auffassung des Gerichts sei der Empfang im überwiegenden betrieblichen Interesse der Klägerin gewesen, da neben der Verabschiedung des Vorstandsvorsitzenden auch die Einführung seines Nachfolgers stattgefunden habe. Die Verwaltungsauffassung, wonach die Aufwendungen bei Verabschiedungen von Arbeitnehmern insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln seien, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro überschreiten, während bei Geburtstagsfeiern nur die auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallenden Kosten als Arbeitslohn gelten würden, wurde vom FG als nicht sachgerecht verworfen. Der Empfang stelle sich unter Berücksichtigung aller Umstände als betriebliche Veranstaltung dar, und nur die auf den bisherigen Vorstandsvorsitzenden und seine Familienangehörigen entfallenden Aufwendungen seien als Arbeitslohn zu werten.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision zur Rechtsfortbildung zugelassen, da die Unterscheidung in den Lohnsteuerrichtlinien zwischen Verabschiedung und Geburtstag eines Arbeitnehmers nicht gerechtfertigt erscheine. Die Revision ist beim BFH anhängig, Az beim BFH VI R 18/24.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 23.04.2024, 8 K 66/22

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