Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Zusammenfassung
Die Grunderwerbsteuer ist eine den Ländern zustehende Verkehrsteuer. Sie ist zur Zeit die wichtigste Steuereinnahme der Länder und die einzige Steuer, bei der die Länder den Steuersatz selbst festlegen können. Ihr unterliegen die im Gesetz als "Erwerbsvorgänge" bezeichneten Rechtsvorgänge, die eine Änderung der Zuordnung inländischer Grundstücke vom Veräußerer auf den Erwerber herbeiführen.
Örtlich zuständig für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist grundsätzlich das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt. Liegt das Grundstück in den Bezirken von Finanzämtern verschiedener Länder, ist jedes dieser Finanzämter für die Besteuerung des Erwerbs insoweit zuständig, als der Grundstücksteil in seinem Bezirk liegt. Insbesondere in den zuletzt genannten Fällen sind die Besteuerungsgrundlagen zunächst gesondert und ggf. einheitlich festzustellen. Darüber hinaus sieht das Grunderwerbsteuergesetz die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auch bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen vor.
Rechtsgrundlage ist das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vom 26.2.1997, das zuletzt durch Art. 30 des Gesetzes zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz) vom 22.12.2023 geändert worden ist.
Zweifels- und Auslegungsfragen von allgemeiner Bedeutung werden insbesondere durch sog. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder geregelt, um eine einheitliche Anwendung des Grunderwerbsteuerrechts durch die Behörden der Finanzverwaltung sicherzustellen. Diese Erlasse sind allerdings nur für die Finanzverwaltung, nicht jedoch für Steuerpflichtige und Gerichte bindend. Die obersten Finanzbehörden der Länder geben außerdem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung weitere Anweisungen an die Finanzämter, wie in bestimmten Fällen verfahren werden sollen.
Letztlich ist für die Praxis auch die Rechtsprechung des für grunderwerbsteuerrechtliche Fragen zuständigen II. Senats des BFH von erheblicher Bedeutung.
1 Örtliche Zuständigkeit
Für die Besteuerung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GrEStG grundsätzlich das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt – oder wenn sich das Grundstück auf die Bezirke mehrerer Finanzämter erstreckt – der wertvollste Grundstücksteil liegt. Beim Überlappen eines Grundstücksteils auf das Gebiet eines anderen Finanzamts kann der wertvollere Teil durch Schätzung ermittelt werden. Mehrere Grundstücke, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, zählen dabei als ein Grundstück.
Soweit die einzelnen Länder nach § 17 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 FVG Rechtsverordnungen erlassen haben, durch die einem Finanzamt Zuständigkeiten für den Bereich mehrerer Finanzämter übertragen wurden, ist dieses das örtlich zuständige Finanzamt.
Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein Grundstück, das sich auf die Gebiete mehrerer Länder erstreckt, so erfolgt die Besteuerung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GrEStG jeweils anteilig durch die Finanzämter, in deren Bezirke die Grundstücksteile liegen. Die eigene Verwaltungs- und Aufkommenshoheit der GrESt als Landessteuer lässt grundsätzlich keine Steuerfestsetzung durch das Finanzamt eines anderen Bundeslandes zu. Ein Verstoß führt zur Nichtigkeit des Steuerbescheids. Dadurch wird gewährleistet, dass jedem Land die auf den Erwerb des zu seinem Gebiet gehörenden Grundstücksteils entfallende Steuer zufließt.
Erteilung des Steuerbescheids bei gesonderten Feststellungen
Auch in den Fällen, in denen die Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG gesondert festzustellen sind (vgl. unter 2.), bleibt für die Erteilung des auf dem Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) beruhenden Steuerbescheids (Folgebescheid) das jeweils kraft der Belegenheit des Grundstücks örtlich zuständige Finanzamt nach § 17 Abs. 1 GrEStG zuständig.