Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung bei drohender Vollstreckung im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist mit einer Sicherheitsleistung zu verknüpfen, wenn die Vollstreckung nach Gewährung der AdV möglicherweise im Ausland erfolgen müsste. Dies gilt auch, wenn es sich um einen EU-Staat handelt.
2. Eine AdV ohne Sicherheitsleistung ist in solchen Fällen allenfalls gerechtfertigt, wenn der umstrittene Steuerbescheid mit großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist oder der Stpfl. im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten, wobei er die Umstände, die die AdV ohne Sicherheitsleistung rechtfertigen sollen, glaubhaft zu machen hat.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 3, Abs. 3
Gründe
I.
Gegenüber dem Antragsteller (Ast), der zusammen mit der Antragstellerin (Astin) ausweislich der Anlagen KSO zu den Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen 1988 bis 1997 keine Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt hatte, begann die Steuerfahndungs(Steufa)-Stelle des Finanzamts (FA) … am 13. Februar 1996 eine Steufa-Prüfung, in deren Rahmen der Prüfer Geldanlagen des Ast bei der …bank von Griechenland … in folgender Höhe feststellte:
31.12.1988 |
DM 341.555 |
31.12.1989 |
DM 358.633 |
31.12.1990 |
DM 578.087 |
31.12.1991 |
DM 661.319 |
31.12.1992 |
DM 735.808 |
31.12.1993 |
DM 814.940 |
31.12.1994 |
DM 863.837 |
31.12.1995 |
DM 907.029. |
Aufgrund der Kontostände ermittelte der Prüfer, nachdem der Ast mit Schreiben vom 14. März 1997 und 23. Juli 1998 aufgefordert worden war, entsprechende Nachweise über die Höhe der Kapitalerträge vorzulegen, im Wege der Schätzung die Einnahmen aus Kapitalvermögen wie folgt:
1988 |
DM 19.333 |
1989 |
DM 17.078 |
1990 |
DM 31.954 |
1991 |
DM 47.232 |
1992 |
DM 61.490 |
1993 |
DM 70.132 |
1994 |
DM 48.897 |
1995 |
DM 43.192 |
1996 |
DM 45.352 |
1997 |
DM 47.619. |
Wegen der Einzelheiten wird auf den Steufa-Bericht vom 24. September 1998 und dessen Anlage 1 Bezug genommen.
Unter Hinweis auf den Steufa-Bericht erließ der Antragsgegner (Ag) am 7. Juli 1999 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderte ESt-Bescheide für die Veranlagungszeiträume (VZ) 1988 bis 1997. Mit diesen Bescheiden, auf die wegen der Einzelheiten hingewiesen wird, erhöhte der Ag die vorher festgesetzten ESt-Beträge für die Streitjahre wie folgt:
ESt 1988 |
um |
DM 6.076 |
ESt 1989 |
um |
DM 5.356 |
ESt 1990 |
um |
DM 8.949 |
ESt 1991 |
um |
DM 14.276 |
ESt 1992 |
um |
DM 18.613 |
Est 1993 |
um |
DM 17.659 |
Est 1994 |
um |
DM 12.394 |
Est 1995 |
um |
DM 7.332 |
Est 1996 |
um |
DM 9.646 |
ESt 1997 |
um |
DM 10.268. |
Hiergegen legten die Ast, vertreten durch ihre Prozeßbevollmächtigten, form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragten gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung (AdV) der geänderten ESt-Bescheide 1988 bis 1997 in Höhe der geänderten Steuerfestsetzungen.
Der Antrag auf AdV wurde vom Ag mit schriftlicher Verfügung vom 13. August 1999 abgelehnt.
Nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch den Ag stellten die Ast. vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten, am 25. November 1999 einen formgerechten Antrag auf AdV der umstrittenen ESt-Bescheide für die VZ 1988 bis 1997 vom 7. Juli 1999. Ihr Prozeßbevollmächtigter bringt vor, am 4. November 1999 sei die Zwangsvollstreckung insofern erfolglos geblieben, als daß lediglich ein Fahrzeug des Ast im Wert von ca. DM 60.000 an den Ag zur Sicherheit übereignet worden sei. Obwohl die Ast dem Ag sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen auch dem Ag zur Verfügung gestellt hätten, sei die notwendige Korrektur der rechtswidrigen Bescheide nicht erfolgt. Vielmehr sei das Konto des Ast gepfändet worden, von dem sämtliche Familienausgaben getätigt würden, so daß die Familie des Ast sich nicht mehr ernähren könne. Die Astin sei nicht mehr berufstätig und der Ast sei Alleinverdiener. Monatlich habe er folgende Ausgaben zu tätigen:
Mietausgaben |
DM 960 |
Nebenkosten |
DM 185 |
Unterhalt für Eltern und Tochter |
DM 2.000 |
Telefonkosten |
DM 196 |
Kfz-Versicherung |
DM 100 |
Haftpflicht |
DM 30 |
IGMetall-Beitrag |
DM 30 |
Kfz-Kosten |
DM 300. |
Der Ast müsse Unterhaltsaufwendungen an seine in Griechenland lebenden Eltern sowie seine im Ausland studierende Tochter tragen, so daß der Familie lediglich ein Betrag von ca. DM 1.000 für den Lebensunterhalt verbleibe. Er habe seinen Mitwirkungsverpflichtungen in dem seit dem Frühjahr 1997 dauernden Verfahren auch ausreichend genügt. Darüber hinaus sei das Fahrzeug mit einem Wert in Höhe von DM 60.000 zur Sicherheit übereignet worden, so daß weitere Pfändungen nicht erforderlich gewesen seien, weshalb die aufschiebende Wirkung des Einspruchs anzuordnen sei.
Der Ag verfügte mit Bescheid vom 14. Januar 2000 die AdV der umstrittenen ESt-Änderungsbescheide 1988 bis 1997. Die AdV machte der Ag in der Verfügung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, von einer Sicherheitsleistung in Höhe von DM 150.000 abhängig, die innerhalb eines Monats nach Empfang des Bescheids zu erbringen war.
Am 9. Februar 2000 erklärten daraufhin die Ast durch ihren Prozeßbevollmächtigten den Rechtsstreit in...