rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Pfändung einer Lohnforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Rechtsstreitigkeiten um die Rechtmäßigkeit von Pfändungen richtet sich der Streitwert nach der Höhe der zu vollstreckenden Forderung, höchstens jedoch nach dem Wert des Pfandgegenstandes.

2. Bei der Wertberechnung der zu vollstreckenden Forderung ist nur der Hauptanspruch anzusetzen. Aufgelaufene Säumniszuschläge und entstandene Vollstreckungskosten sind als Nebenforderungen nicht anzusetzen.

3. Ist der Pfandgegenstand eine Lohnforderung beträgt der Wert das dreifache des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens.

 

Normenkette

GKG 1975 § 13; ZPO § 6; GKG 1975 § 22 Abs. 1; AO 1977 §§ 240, 319; ZPO § 850c; GKG 1975 § 17 Abs. 3

 

Gründe

1. Der Antrag des Klägers laut Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 1. Dezember 1999 auf Streitwertfestsetzung ist zulässig. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz Gerichtskostengesetz (GKG) setzt das Prozeßgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluß fest, wenn ein Beteiligter die Festsetzung beantragt.

2. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG war der Streitwert, wie im Tenor festgesetzt, zu bestimmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, richtet sich der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten um die Rechtmäßigkeit von Pfändungen in Anlehnung an die Vorschrift des § 6 der Zivilprozeßordnung -ZPO- (Zimmer/Schmidt, Der Streitwert im Verwaltungs- und Finanzprozeß. 1991 Rdnr. 37; Hartmann, Kostengesetze. 29. Auflage, § 13 GKG Rdnr. 6) nach der Höhe der zu vollstreckenden Forderungen; es sei denn, der Wert des Pfandgegenstandes ist niedriger (BFH-Urteil vom 18. Mai 1982 VII R 98/80, BStBl II 1982, 576; Beschluß vom 15. April 1987 VII S 2/87, BFH/NV 1988, 112; Urteil vom 17. November 1987 VII R 68/85, BFH/NV 1988, 457).

Hier ist der Streitwert nach dem Wert des Rechts zu bemessen, das Gegenstand der Pfändung war. Denn der Wert dieses Rechts ist niedriger als der Betrag, zu dessen Beitreibung die Pfändung ausgebracht worden war.

Die Pfändung vom 1. Juni 1988 war wegen eines Betrages von DM erfolgt. Von diesem Betrag sind allerdings nur DM als Hauptanspruch anzusetzen. Denn nur insoweit liegen Steuerschulden vor. Der weitere Betrag in Höhe von DM an aufgelaufenen Säumniszuschlägen und DM an entstandenen Vollstreckungskosten sind gemäß § 22 Abs. 1 GKG als Nebenforderungen bei der Wertbemessung nicht anzusetzen.

Diese Vorschrift bestimmt, daß bei Handlungen, die außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betreffen, der Wert der Nebenforderung nicht berücksichtigt wird.

Hinsichtlich der Säumniszuschläge scheitert die Anwendung der Vorschrift nicht daran, daß diese keine Zinsen darstellen, vielmehr ein Druckmittel eigener Art sind, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlungen anhalten soll (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. die Nachweise bei Tipke/Kruse, AO, FGO, 16. Auflage. § 240 AO Rdnr. 1). Das Tatbestandsmerkmal „Zinsen” in § 22 Abs. 1 GKG ist vielmehr auf Säumniszuschläge analog anzuwenden. Zum einen haben Säumniszuschläge auch den Zweck, Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung zu sein und damit Zinseffekt (BFH-Urteil vom 16. Juli 1997 XI R 32/96, BFH/NV 1998, 9; vgl. die weiteren Nachweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Tipke/Kruse, a.a.O., § 240 AO Rdnr. 1). Zum anderen gebietet, wie bei Zinsen der Zweck des § 22 Abs. 1 GKG, die Wertberechnung zu vereinfachen (BGH, Das Juristische Büro 1976, 1629 zu der Parallelvorschrift des § 4 ZPO) eine entsprechende Anwendung auf Säumniszuschläge (im Ergebnis ebenso BGH. NJW 1956, 1562 zu § 4 ZPO; Lappe in Münchener Kommentar zur ZPO. § 4 Rdnr. 37; Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 35 FGO Rdnr. 95; Zimmer/Schmidt, a.a.O., RdNr. 489).

Die Auffassung von Lauterbach/Hartmann (Kostengesetze. 17. Auflage 1973, Anm. 3 zu § 20 GKG a.F.), die im Ergebnis der Praxis der Kostenbeamten des Gerichts entspricht, wonach bei der Zwangsvollstreckung der Unterschied zwischen Haupt- und Nebenforderung keine Bedeutung habe, die vollstreckbare Forderung als einheitlicher Endbetrag in Frage komme, findet im Gesetz keine Stütze. Es liegt insbesondere keine Lücke des Gesetzes vor. Die jetzige Gesetzesfassung (§ 20 GKG n.F., nunmehr § 22 GKG) beruht auf dem KostÄndG vom 20. August 1975 (BGBl I 1975, 2189). Sie hat die Vorschrift des § 20 Abs. 2 a.F. GKG abgelöst, in der es hieß, daß bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung die einzuziehenden Zinsen mitberechnet werden. Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber ersatzlos gestrichen. Dadurch sollte die oft zeitraubende Berechnung der Nebenforderungen, insbesondere der Zinsen, erspart werden (Begründung BT-Drucksache 7/2016 S. 73). Er hat gleichzeitig mit dem KostÄndG die Vorschrift des § 57 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO geschaffen, wonach sich der Gegenstandswert für die anwaltlichen Gebühren in der Zwangsvollstreckung nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen bestimmt. Dam...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge