rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung schwerer Geländewagen nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO. Mercedes G-Modell

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt nach Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchst. a StVZO berechtigt ist, die Kraftfahrzeugsteuer für einen bisher als anderes Fahrzeug wie ein LKW nach Gewicht besteuerten schweren Geländewagen (hier: Mercedes G-Modell) mit Wirkung ab dem 1.5.2005 neu festzusetzen und das Fahrzeug als PKW nach Hubraum und Schadstoffemission zu besteuern.

2. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich nach den nach Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchst. a StVZO maßgeblichen verkehrsrechtlichen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht um einen PKW, sondern um ein anderes Fahrzeug.

 

Normenkette

KraftStG 2002 § 8 Nrn. 1-2, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 2 S. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; StVZO § 23 Abs. 6 Buchst. a; EWGRL 156/70

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Bescheids über Kraftfahrzeugsteuer vom 9. Dezember 2005 betreffend das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen wird ohne Sicherheitsleistung aufgehoben, soweit die festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer eine jährliche Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von EUR 172 übersteigt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist in der Hauptsache die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung für das Kraftfahrzeug der Antragstellerin (Ast) mit amtlichen Kennzeichen ….

Die Ast ist Halterin des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …. Es handelt sich bei diesem Fahrzeug um einen Geländewagen der Marke Mercedes-Benz, Typ G 300 mit Erstzulassungsdatum 10. Dezember 1996. Das Fahrzeug ist mit zwei Türen und einer Hecktür aufgebaut. Es hat eine technisch zulässige Gesamtmasse (P) von 2.810 kg – bisher zulässiges Gesamtgewicht –, eine Masse in fahrbereitem Zustand (M) von 2.170 kg – bisher Leergewicht – und verfügt über vier Sitzplätze neben dem Fahrersitz (N), also insgesamt über fünf Sitzplätze.

Das vorgenannte Kraftfahrzeug wurde zunächst als Lastkraftwagen (LKW) nach Gewicht besteuert. Die Kraftfahrzeugsteuer wurde daher mit Bescheid vom 4. Februar 2003 auf jährlich EUR 172 festgesetzt. Mit Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer vom 9. Dezember 2005 wurden die Besteuerungsgrundlagen für dieses Fahrzeug infolge der Aufhebung des § 23 Abs. 6 a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) zum 1. Mai 2005 geändert. Die Kraftfahrzeugsteuer wurde in diesem Bescheid nunmehr auf jährlich EUR 820 festgesetzt und das Kraftfahrzeug als Personenkraftwagen (PKW) besteuert. Der Bevollmächtigte der Ast legte gegen diesen Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer vom 9. Dezember 2005 mit Schreiben vom 9. Januar 2006 Einspruch ein. Über den Einspruch wurde bisher noch nicht entschieden. Darüber hinaus beantragte der Bevollmächtigte der Ast, die Vollziehung des Bescheids über Kraftfahrzeugsteuer auszusetzen. Diesen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner (Ag) mit Schreiben vom 16. Januar 2006 als unbegründet ab. Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2006 beantragte der Bevollmächtigte der Ast, die Vollziehung des Bescheids über Kraftfahrzeugsteuer vom 9. Dezember 2005 auszusetzen, soweit die Steuer höher ist als in der Zeit vor Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 teilte der Bevollmächtigte der Ast mit, dass der Bescheid vom 9. Dezember 2005 inzwischen vollzogen worden sei.

Die Ast ist der Ansicht, dass der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid rechtswidrig sei. Die Einstufung des Mercedes-Benz G 300 als PKW ab dem 1. Mai 2005 sei unzutreffend. Das Fahrzeug sei ein anderes Fahrzeug i.S.v. § 8 Nr. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG). Es sei folglich wie schon bisher ausnahmslos nach Gewicht zu besteuern. Der Begriff PKW sei im Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht definiert. Infolgedessen sei auf diesen Begriff § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG anzuwenden, der besage, dass sich die im Kraftfahrzeugsteuergesetz verwendeten Begriffe des Verkehrsrechts, wenn nichts anderes bestimmt sei, nach den geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften richteten. Auf Grund dieser ausdrücklichen Anbindung an das Verkehrsrecht sei die Frage, was ein PKW sei, demnach ausschließlich nach Verkehrsrecht zu bestimmen. Derartige verkehrsrechtlichen Vorschriften könnten sowohl im nationalen Recht als auch im europäischen Gemeinschaftsrecht verankert sein. Nach Aufhebung der nationalen verkehrsrechtlichen Bestimmung des § 23 Abs. 6 a StVZO hätte der Ag folglich auf die geltenden Bestimmungen des gemeinschaftlichen Verkehrsrechts zurückgreifen müssen. Die Schlussfolgerung des Ag, dass sich die Besteuerung ausschließlich nach der objektiven Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs zu richten habe, sei offensichtlich falsch. Es liege gerade kein beliebiger und definitionsfreier Beurteilungsspielraum, vornehmlich nach Gesichtspunkten der äußeren Fahrzeugbeschaffenheit vor. Die Begründung des Ag widerspreche nicht nur dem allgemeinen Verfassungsgrundsatz d...

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