rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Room-Sharing begründet keine feste Einrichtigung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Schweiz
Leitsatz (redaktionell)
1. Büroräume, die ein in Deutschland ansässiger selbständiger Unternehmer im Sinne eines Arbeitplatz-Sharing bzw. Room-Sharing zur gemeinsamen Nutzung mit anderen Unternehmern in der Schweiz anmietet und die während seiner Abwesenheit anderen Unternehmern zur Verfügung stehen, sind keine feste Einrichtung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Schweiz, so dass die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat besteuert werden.
2. Das bloße Tätigwerden in Räumlichkeiten eines Vertragspartners vermittelt keine feste Einrichtung, soweit nicht weitere Umstände vorliegen, die auf eine örtliche Verfestigung der Tätigkeit schließen lassen; dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit mehrere Jahre beim selben Vertragspartner erbracht wird.
Normenkette
DBA CHE Art. 14 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; AO § 12
Tenor
1. Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 vom 08.08.2007 wird ohne Sicherheitsleistung ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens ausgesetzt bzw. aufgehoben.
2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller 80 %, der Antragsgegner 20 % zu tragen.
4. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Im Streit steht zwischen den Beteiligten die Auslegung des Art. 14 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Schweiz). Fraglich ist für den Zeitraum 1999 bis 2005, ob das Besteuerungsrecht für Einkünfte des Antragstellers aus selbständiger Ingenieurtätigkeit dem Wohnsitzstaat Deutschland oder – wegen des Vorliegens einer festen Einrichtung in Y/CH – dem Tätigkeitsstaat Schweiz zusteht. Streitig ist die abkommensrechtliche Behandlung der Gemeinschaftsnutzung von Räumen, die gleichzeitig an mehrere Personen zur Teilnutzung vermietet werden (sog. Room-Sharing).
Der Antragsteller wohnte und wohnt zusammen mit seiner Ehefrau B in X/D. Die Ehegatten haben keine Kinder. Der Antragsteller ist Deutscher und von Beruf Diplom-Ingenieur (FH), seine Ehefrau ist Schweizerin und von Beruf Krankenschwester. Beide Eheleute sind seit Jahrzehnten in der Schweiz berufstätig. Der Antragsteller war in der Schweiz bis zum 31.01.1999 als Arbeitnehmer tätig. Seit 01.06.1999 übt er dort eine selbständige Tätigkeit aus. Sein Einzelunternehmen ist seit dem 13.07.1999 unter der Anschrift Y/CH im Schweizer Handelsregister eingetragen (Einkommensteuerakte 2003, Blatt 19). Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb eines Ingenieurbüros insbesondere für die Planung verfahrenstechnischer Anlagen in den Bereichen Chemie und Biotechnologie (vgl. Visitenkarte des Antragstellers, Einkommensteuerakte 2003, Blatt 16).
Der Antragsteller schloss mit der V AG einen Mietvertrag auf unbestimmte Dauer ab. Der Vertrag für die Zeit ab 01.01.2002 datiert vom 15.12.2001 und nimmt in Ziff. III einen früheren Mietvertrag in Bezug („ersetzt denjenigen vom 1. Juli 1999”, Vertrag vom 15.12.2001 siehe Einkommensteuerakte 2003, Blatt 17 f.). Gegenstand des Mietvertrags (bzw. der beiden Mietverträge) war ein Büroraum im 4. Obergeschoss der Liegenschaft Y/CH „mit der sämtlichen dazugehörenden Infrastruktur wie Telefonanschlussmöglichkeiten usw.”. Der monatliche Mietzins inkl. Nebenkosten betrug 250 Schweizer Franken (CHF) und wurde dem Antragsteller laut Vertrag „jeweils mit den Honorarrechnungen für die übrigen Dienstleistungen” in Rechnung gestellt. Zur „Mitbenützung” standen das Sitzungszimmer, die Gemeinschaftsküche und die Toilettenanlage zur Verfügung. Weitere Infrastruktur und Leistungen wie Fotokopierer, Kaffeeautomat, Sekretariatsarbeiten, Postbearbeitung usw. konnten entgeltlich gemäß der jeweiligen Honorar- und Spesenordnung der Vermieterin ebenfalls angefordert werden.
Die V AG, die Vermieterin des Antragstellers, war zugleich dessen steuerliche Beraterin in der Schweiz. Sie erstellte für ihn die Buchführung und Gewinnermittlungen und fertigte die schweizerischen Steuererklärungen. Die Anschrift der V AG lautet Y/CH. Wegen ihres Auszugs aus dem Schweizer Handelsregister wird auf Blatt 58 f. der Gerichtsakte verwiesen. Nach einem Schreiben der V AG vom 08.02.2005 (Einkommensteuerakte für Veranlagungszeitraum 2003, Blatt 37) verfügte sie über drei nicht selbst genutzte Büros mit vier bis fünf Arbeitsplätzen, bestehend aus Pult mit Stuhl sowie zumindest Stromanschluss. Auf Wunsch standen Rechen- und Schreibmaschinen zur Verfügung. Dass das Büro für Monatsmieten von rund 250 CHF nicht ausschließlich durch den Antragsteller habe benutzt werden können, „scheint klar zu sein” (so die Formulierung im Schreiben vom 08.02.2005). Wie heute selbst für die eigenen Mitarbeiter bei größeren Die...