Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung eines Einkommensteuerbescheides wegen unterbliebener Berücksichtigung eines Verlustrücktrages bzw. -vortrages; Buchführungspflicht eines gewerblich tätigen Grundstückshändlers; Wahlrecht der Gewinnermittlungsart bei gewerblichem Grundstückshandel
Leitsatz (redaktionell)
1. Lehnt das FA nach Ergehen eines Änderungsbescheides, der keine bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nichtausgeglichenen Verluste mehr ausweist, die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG (1999: Abs. 4) ab, ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der nach § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG geänderten, wegen der unterbliebenen Berücksichtigung eines vortragsfähigen Verlustes angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Folgejahre unzulässig. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderten Einkommensteuerbescheide der Verlustrücktragsjahre ist hingegen zulässig.
2. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein gewerblich tätiger Grundstückshändler aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und seinen Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln.
3. Berichtigt ein Steuerpflichtiger seine Einkommensteuererklärung für 1996 im Frühjahr 1999, in dem er nunmehr die grundstücksbezogenen Einkünfte anstatt als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als solche aus Gewerbebetrieb unter dem Gesichtspunkt eines gewerblichen Grundstückshandels erklärt, kann er die Einkünfte aus dem Grundstückshandel nicht durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, denn ein (etwaiges) Wahlrecht hinsichtlich der Art der Gewinnermittlung müsste am Beginn des Gewinnermittlungszeitraums (hier: Anfang 1996) in dem Bewusstsein ausgeübt worden sein, gewerbliche Einkünfte zu erzielen.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2; EStG § 10d Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 4, § 4 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2, § 21; AO 1977 §§ 140-141; HGB §§ 1-2
Gründe
I.
Streitig ist im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Frage, ob die Antragsteller ihre Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel in den Streitjahren nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln durften.
Die Antragsteller – Eheleute – haben 1995 zu je ½ Miteigentumsanteil das Grundstück Hauptstrasse 64 in … erworben, diesbezüglich mit notariellem Vertrag vom 15. Januar 1996 (Notariat … 3 UR 26/96) gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) Wohnungs- und Teileigentum begründet und mit weiterem Vertrag vom 15. Januar 1996 (Notariat … 3 UR 27/96) die Miteigentümergemeinschaft aufgehoben, wobei sie sich jeweils zwei Teileigentums- sowie drei Wohnungseigentumseinheiten zugewiesen haben. Die Einheiten wurden nach Fertigstellung teils veräußert, teils vermietet, teils blieben sie zunächst auch leerstehend; für die einzelnen Einheiten stellt sich dies nach den Erklärungen der Antragsteller wie folgt dar:
Antragsteller |
Antragstellerin |
1996 |
Wohnung E 6 verkauft |
1996 |
Wohnung E 5 vermietet |
Ende 1997 |
Wohnung E 8 als Praxis vermietet |
1997 |
Wohnung E 7 und E 9 verkauft; Laden (E 1) und Wohnung E 5 vermietet |
1998 |
Wohnung E 10 vermietet |
1998 |
Wohnung E 5 verkauft Laden (E 1) vermietet |
für die Einheiten E 2 und E 4 wurden bis Ende 1998 keine Einnahmen erklärt |
für die Einheit E 3 wurden bis Ende 1998 keine Einnahmen erklärt |
In ihrer am 14. Januar 1997 beim Antragsgegner, dem Finanzamt (FA), eingereichten Einkommensteuererklärung für 1995 haben die Antragsteller hinsichtlich des vorgenannten Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Als Werbungskosten haben sie unter Hinweis auf eine vorgesehene Vermietung der gewerblichen Einheiten (E 1 – E 4) die darauf entfallenden Vorsteuern aus den Herstellungskosten geltend gemacht. Das FA veranlagte die Antragsteller für 1995 nach der eingereichten Erklärung; der Einkommensteuerbescheid 1995 wurde bestandskräftig.
Die Einkommensteuererklärung für 1996 haben die Antragsteller am 19. Februar 1997 eingereicht. Auch hierin wurden bezüglich des streitigen Objekts – nunmehr für jede einzelne Einheit getrennt – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Einnahmen wurden lediglich aus der Vermietung einer Wohneinheit erklärt, als Werbungskosten wurden im Wesentlichen Schuldzinsen, Vorsteuerbeträge und AfA geltend gemacht. Die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung hat das FA in der erklärten Höhe von 227.453 DM beim Antragsteller sowie 253.137 DM bei der Antragstellerin berücksichtigt. In dem – unanfechtbar gewordenen – Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 11. April 1997 wurde die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt; der ermittelte negative Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. ./. 112.557 DM führte zu Verlustrückträgen nach § 10 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in das Jahr 1994 i.H.v. 41.827 DM und in das Jahr 1995 i.H.v. 70.881 DM.
Mit Schreiben vom 16. April 1999 h...