rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit einer Avalprovision im Kostenfestsetzungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Avalprovision handelt es sich um i. S. d. § 139 Abs. 1 FGO erstattungsfähige Kosten, die im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zur Vermeidung der Vollziehung eines Haftungsbescheides entstanden sind (entgegen BFH, Beschlüsse v. 8.2.1972, VII B 170/69, BStBl 1972 II S. 429 und v. 19.4.1992, VII B 123/70, BStBl 1972 II S. 573; Anschluss an BGH, Beschluss v. 17.1.2006 VI ZB 46/05, NJW-RR 2006, 1001).

2. Die Kostenfreiheit des behödlichen AdV-Verfahrens bezieht sich nur auf Aufwendungen, die entweder vom Antragsteller getätigt werden, um dem Antrag zum Erfolg zu verhelfen, oder die als Gebühren oder Auslagen an die Duchführung oder den Abschluss dieses Verfahrens anknüpfen. Die Kosten einer Sicherheitsleistung fallen nicht darunter, da diese erst im Anschluss an die behörliche Entscheidung entstehen.

3. Die Erstattung von Avalprovisionen ist nicht von den Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs (Verschulden des Amtswalters) abhängig.

4. Der Kostenfestsetzungsbeschluss entfaltet keine Rechtskraft bezüglich aller zu einem bestimmten Verfahren angefallenen Kosten, sondern nur bezüglich solcher Aufwendungen, die vom Antragsteller dem Festsetzungsantrag zugrunde gelegt wurden.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 1, § 149 Abs. 1-2; ZPO §§ 100, 104, 527 Abs. 1, § 573 Abs. 1, § 717 Abs. 2; ErbStG 2009 § 13a Abs. 4

 

Tenor

1. Unter Änderung des Beschlusses der Urkundsbeamtin des Senats vom 11.07.2003 wird für das Verfahren 3 K 95/99 ein weiterer der Erinnerungsführerin vom Erinnerungsgegner zu erstattender Betrag in Höhe von 20.940,23 EUR festgesetzt.

Der Erstattungsbetrag ist vom 19. März 2003 an mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Sinne des § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen.

2. Der Erinnerungsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Bei der Festsetzung der vom Erinnerungsgegner (dem Finanzamt – FA –) zu erstattenden Kosten ist streitig, ob zu den nach § 139 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erstattungsfähigen Kosten auch Avalprovisionen gehören, die die Klägerin einem Kreditinstitut dafür vergütet hat, dass dieses sich für den umstritten gewesenen Steueranspruch verbürgt und so die unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ermöglicht hat.

Das FA hatte die Erinnerungsführerin (im Folgenden: Klägerin) mit Bescheid vom 30. Oktober 1997 gemäß § 50 a Abs. 5 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) über den Gesamtbetrag von 2.175.880 DM in Haftung genommen, weil sie es versäumt hatte, von Vergütungen an eine ausländische Steuerpflichtige Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag in dieser Höhe einzubehalten und abzuführen; zugleich mit dem Haftungsbescheid erließ die Behörde ein Leistungsgebot, mit dem sie die Klägerin zur Zahlung des genannten Gesamtbetrags aufforderte. Den am 20. November 1997 hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA durch Entscheidung vom 19. April 1999 zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 4. Mai 1999 Klage. Während des unter dem Az. 3 K 95/99 geführten Klageverfahrens schränkte das FA die Haftungsinanspruchnahme und das Leistungsgebot durch Bescheid vom 15. August 2000 nach einer Teilrücknahme des angefochtenen Haftungsbescheids auf einen Gesamtbetrag von nunmehr 1.503.402 DM ein. Der Senat gab der Klage durch – das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 28 veröffentlichte – Urteil vom 20. September 2001 3 K 95/99 statt und hob den Haftungsbescheid und das Leistungsgebot auf; mit den Kosten des Verfahrens belastete es in der vorläufig vollstreckbaren Kostenentscheidung das FA. Durch gesonderten Beschluss vom 24. Oktober 2001 wurde die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Soweit es das Leistungsgebot betraf, hob der BFH auf die Revision des FA das Urteil des Senats auf und wies die Klage als unzulässig ab (BFH-Urteil vom 13. November 2002 I R 90/01, BStBl II 2003, 249). Im Übrigen wies er die Revision des FA als unbegründet zurück und erlegte die gesamten Kosten des Verfahrens dem FA auf. Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO gestützt.

Die Klägerin hatte am 20. November 1997 zugleich mit der Einlegung eines Einspruchs gegen den Haftungsbescheid AdV des Haftungsbetrags beantragt. Nachdem das FA ihr mitgeteilt hatte, dass es zur Gewährung von AdV nur gegen Sicherheitsleistung bereit sei, hat die Klägerin eine von der Bank ausgestellte und auf die Haftungsforderung bezogene Bürgschaftserklärung vom 28.11.1997 über 800.000 DM übersandt. Daraufhin hat die Behörde mit Verfügung vom 16. Dezember 1997 für die Dauer des Einspruchsverfahrens und weiterer Verfügung vom 07. Juni 1999 für die Dauer des Klageverfahrens jeweils AdV des streitbefangenen Haftungsbetrags gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 800.000 DM gewährt.

Aufgrund des im Kostenpunkt für vorläufig vollstreckbar erklärten ...

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