Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeit eines Laborarztes als freier Beruf oder Gewerbebetrieb; Keine Umqualifizierung der handelsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit eines Arztes als Freiberufler aufgrund der steuerlichen Behandlung als Gewerbebetrieb; Keine Buchführungspflicht für einen Arzt nach Handelsrecht; Zurechnung der im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer ohne Gewinnerzielungsabsicht tätigen Laborgemeinschaft erzielten Einnahmen und Ausgaben; Zufluss von kassenärztlichen Vorauszahlungen für November und Dezember bei Auszahlung im Februar
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Laborarzt, der unter erheblichen Personaleinsatz (Personalkosten 4-5 Mio DM) jährlich zwischen 130.000 und 170.000 Untersuchungen zzgl. weiterer 48.500 Untersuchungen durchführt, kann aufgrund des geringen Zeitanteils, die damit auf jede einzelne Untersuchung entfällt, nicht eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig sein. Trotz der Gewerblichkeit der Einkünfte übt er handesrechtlich kein Grundhandelsgewerbe aus, so dass er nicht nach § 140 AO 1977 i.V.m. § 238 HGB verpflichtet ist, Bücher zu führen.
2. Zurechnung von Betriebsausgaben und -einnahmen, die im Zusammenhang mit den Beteiligungen eines - zudem eine eigene Laborarztpraxis unterhaltenden - Arztes an ausdrücklich nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Laborgemeinschaften entstanden sind, zu den Ausgaben bzw. Einnahmen der Einzelpraxis.
3. Vorauszahlungen der kassenärztlichen Vereinigung für die Monate November bis Dezember, die im Februar des nächsten Jahres geleistet werden, sind - ohne ausreichende Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch - auch erst zu diesem Zeitpunkt i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; AO 1977 § 140; HGB §§ 238, 1-2; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 11 Abs. 1 S. 1; AO 1977 § 42
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren (1991 und 1992) Einkünfte aus einer umfangreichen Laborarztpraxis in E. und aus der Beteiligung an drei Laborgemeinschaften in der Rechtsform von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts. Im Streitjahr 1992 erzielte er außerdem Einkünfte aus einer weiteren Laborarztpraxis in A., die im Außenverhältnis offenbar noch von dem früheren Praxisinhaber weiter geführt wurde. Im Labor des Klägers in E. wurden in den Streitjahren bei Personalkosten von rd. 4,6 Mio. DM und 5,8 Mio. DM rund 130 000 Untersuchungen (1991) und rund 170 000 Untersuchungen (1992) durchgeführt; in dem Labor in A. wurden im Jahr 1992 weitere rund 48 500 Untersuchungsaufträge bearbeitet.
Die Laboruntersuchungen der Laborgemeinschaften wurden in der Praxis des Klägers durchgeführt und galten im Außenverhältnis gegenüber den Patienten als von den jeweils beteiligten Ärzten erbracht. Der Kläger stellte den Laborgemeinschaften dazu alle erforderlichen sachlichen und personellen Mittel zur Verfügung. Die einzelnen Gesellschafter vergüteten den Laborgemeinschaften die angeforderten Analysen gemäß Preisliste. Der Kläger wiederum erhielt von den Laborgemeinschaften Erstattung seiner Kosten (bis zur Höhe der Einnahmen der Laborgemeinschaften). Die Laborgemeinschaften waren nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gesellschaftsverträge der Laborgemeinschaft … der Laborgemeinschaft … (privat) und des Gemeinschaftslabors S. Bezug genommen.
Im Anschluss an eine Außenprüfung setzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Einkommensteuer für die Streitjahre abweichend von den Steuererklärungen der Kläger fest. Das FA vertrat die Auffassung, der Kläger erziele mit seiner Tätigkeit keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das FA war ferner der Ansicht, die Laborarzttätigkeit und die Gestellung von sachlichen und personellen Mitteln an die Laborgemeinschaften (sog. Laborhandel) sei eine (einheitliche) vollkaufmännische Tätigkeit i. S. des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Kläger sei daher gemäß den §§ 238 f des Handelsgesetzbuches (HBG) nach handelsrechtlichen und gemäß § 140 AO 1977 auch nach steuerlichen Vorschriften zur Bilanzierung verpflichtet. Der Gewinn sei deshalb nicht gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Zu- und Abflussrechnung, sondern durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Entsprechend seien in den Streitjahren Forderungen gegen die Laborgemeinschaften und gegen die Kassenärztliche Vereinigung … zu aktivieren mit der Folge, dass die Gewinnauswirkung bereits in den Streitjahren und nicht erst im (späteren) Jahr der Zahlung eintrete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung und die der Einspruchsentscheidung beigefügte Anlage Bezug genommen.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machen die Kläger wie im Einspruchsverfahren geltend, der Kläger erziele Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Kläger wenden sich außerdem gegen die vom FA vertretene Auffassung, der Kläger üb...