rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuer-Jahresausgleich 1990
Tenor
I. Der Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1990 vom 7. Oktober 1991 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 1993 wird geändert. Der Lohnsteuer-Ausgleichsbetrag 1990 wird von 3.045 DM auf 3.107 DM erhöht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden dem beklagten Finanzamt zu 14 % und den Klägern zu 86 % auferlegt.
III. Die Entscheidung ist für die Kläger hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Finanzamt darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
IV. Der Streitwert wird auf 450 DM festgesetzt.
Tatbestand
Im Rahmen des Lohnsteuer- (LSt-)Jahresausgleichs 1990 ist streitig, ob Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat in Höhe von 6.911,– DM einer im Februar 1990 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland eingewanderten Familie als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind und ob für die Pflege der Mutter des Klägers gemäß § 33 b Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) ein Pflegepauschbetrag in Höhe von 1.800,– DM zu gewähren ist.
Die im Jahr 1947 und im Jahr 1949 geborenen Kläger sind seit 1972 verheiratet. Der Kläger ist Werkzeugmacher und die Klägerin Schuhmacherin. Gemeinsam mit ihrem 1974 geborenen Sohn und ihrer 1979 geborenen Tochter sowie der 1929 geborenen Mutter des Klägers verließen sie am 24. Februar 1990 ihren Heimatort … in Rumänien und reisten in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie zunächst in der Landesaufnahmestelle … untergebracht wurden. Nach den Registrierscheinen des Bundesverwaltungsamtes vom 06. März 1990 sind die Kläger rumänische Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit. Im Juni 1990 zogen die Kläger mit ihren Kindern und der Mutter des Klägers nach U., um. Der Kläger fand eine Arbeitsstelle ab 01. Juni 1990 (Bruttolohn 1990: 27.289,– DM) und die Klägerin eine Halbtagstätigkeit als Verkäuferin ab 11. Dezember 1990 (Bruttolohn 1990: 803,– DM). Für die Wiederbeschaffung von Hausrat wandten sie im Jahr 1990 6.910,57 DM auf.
Die in den Haushalt der Kläger aufgenommene Mutter des Klägers erlitt am 17. Oktober 1990 einen Schlaganfall. Sie verstarb am 28. Mai 1991 im Alter von 62 Jahren. Nach einer Bescheinigung des behandelnden Hausarztes … vom 14. November 1991 war sie vom 17. Oktober 1990 bis zu ihrem Tode pflegebedürftig.
In ihrem am 18. Juni 1991 eingereichten gemeinsamen Antrag auf LSt-Jahresausgleich 1990 machten die Kläger die Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat in Höhe von 6.911,– DM abzüglich einer zumutbaren Belastung von 505,– DM gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend und beantragten außerdem für die Pflege der Mutter des Klägers einen Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 EStG in Höhe von 1.800,– DM. Das Finanzamt (FA) lehnte beides im Bescheid über den LSt-Jahresaugleich 1990 vom 07. Oktober 1991 ab, in dem es eine Jahreseinkommensteuer in Höhe von 450,– DM und einen LSt-Erstattungsbetrag von 3.045,– DM errechnete.
Dagegen legte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger am Montag, 11. November 1991, mit der Begründung Einspruch ein, die vom FA angeführte Anweisung im Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 25. April 1990 (Bundessteuerblatt –BStBl– I 1990, 222), wonach für Übersiedler aus ehemaligen Ostblockländern ab 1990 Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat nicht mehr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien, könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Im Gegensatz z.B. zu Übersiedlern aus der ehemaligen DDR sei der Verlust des Hausrats bei Übersiedlern aus Rumänien im Jahr 1990 durchaus zwangsläufig gewesen, da in Rumänien damals noch andere politische und wirtschaftliche Verhältnisse geherrscht hätten, als in den jetzt neuen Bundesländern. Ein unabwendbares Ereignis sei darin zu sehen, daß den Klägern die Mitnahme ihrer Einrichtungsgegenstände aus Rumänien nicht möglich gewesen sei. Zudem wären durch den Transport in die Bundesrepublik durch ein zuverlässiges Unternehmen Kosten in noch größerer Höhe angefallen. Hinsichtlich des beantragten Pflegepauschbetrages könne entgegen der Auffassung des FA im vorliegenden Fall nicht nach der vom FA zitierten LSt-Dienstbesprechung 1991 verfahren werden, wonach zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit ein Behindertenausweis durch das Versorgungsamt ausgestellt werden müsse. Die Kläger könnten nach dem Ableben der Pflegebedürftigen keinen Behindertenausweis mehr beantragen. Der behandelnde Hausarzt könne ausreichend beurteilen, ob eine Person pflegebedürftig sei oder nicht. Für die von der Klägerin ausgeübte Pflege seien weder vom Sozialamt noch von der Krankenkasse Leistungen gewährt worden. Vom Sozialamt sei ein Sachbearbeiter im Hause gewesen und habe überprüft, ob die Mutter des Klägers pflegebedürftig gewesen sei. Er habe danach erklärt, daß aufgrund der Einkommensverhältnisse der Kläger ein ...