Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsveräußerungsgewinn einer Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Kapitalgesellschaften gehört der Gewinn aus der Betriebsveräußerung -anders als bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften- zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag (Anschluss an das Urteil des FG München vom 8.4.1999 7 K 890/97, EFG 1999, 723, Festhaltung an der bisherigen Rechtsprechung aus Gründen des Rechtssicherheit).
2. Da eine Kapitalgesellschaft keinen außerbetrieblichen Bereich hat, sind die Gewinne aus alle Aktivitäten -sogar einschließlich solcher, die nicht unter die Einkunftsarten des EStG fallen- beim Gewerbeertrag mit zu erfassen.
Normenkette
GewStG § 7; KStG § 8 Abs. 1-2; GewStG § 2 Abs. 2; EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob bei einer Kapitalgesellschaft der Gewinn aus der Veräußerung ihres Betriebs der Gewerbesteuer (GewSt) unterliegt.
Die Klägerin, die im Inland den Vertrieb und den Großhandel mit ... für bestimmte ausländische Hersteller betrieb, befindet sich seit 31.12.1995 in Liquidation. Mit Wirkung vom 26. Januar 1996 veräußerte sie die Rechte aus dem Exlusivvertrieb für eine ausländische Herstellerin an eine andere Gesellschaft und verwertete sowohl ihr Umlauf- als auch ihr Anlagevermögen. Für 1996 als erstem Jahr des Liquidationszeitraums ermittelte sie einen Gewinn von ... DM, von dem ... DM auf die Betriebsveräußerung entfielen. Dem Veräußerungserlös aus den Vertriebsrechten in Höhe von ... DM zzgl. Aufdeckung stiller Reserven im beweglichen Anlagevermögen in Höhe von ... DM standen Veräußerungskosten in Höhe von ... DM gegenüber.
In den am 11. Juli 1997 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingegangenen Steuererklärungen für 1996 ist das zu versteuernde Einkommen in Höhe von ... DM ausgewiesen. Zur Ermittlung des Gewerbeertrags ist dieser Betrag um ... DM Veräußerungsgewinn gekürzt. Als Gewerbesteueraufwand sind dementsprechend nur ... DM berücksichtigt.
Dem folgte das FA im Gewerbesteuer-Messbescheid vom 6. März 1998 nicht, sondern legte einen Gewerbeertrag in voller Höhe von ... DM zugrunde.
Auf den Einspruch vom 16. März 1998 berücksichtigte das FA eine weitere Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von ... DM und setzte im geänderten Gewerbesteuer-Messbescheid vom 15. April 1998 aufgrund eines Gewerbeertrags von ... DM den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag auf ... DM fest.
Im Übrigen wies das FA den Einspruch durch Entscheidung vom 2. Dezember 1998 zurück. Dagegen richtet sich die am 29. Dezember 1998 bei Gericht eingegangene Klage.
Aufgrund einer inzwischen durchgeführten Außenprüfung änderte das FA durch Bescheid vom 1. August 1999 die vorherige Messbetragsfestsetzung gemäß § 35 b Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) und legte nunmehr einen Gewerbeertrag von ... DM zugrunde. Der einheitliche Gewerbesteuer-Messbetrag wurde auf ... DM festgesetzt. Dieser Bescheid ist auf den am 24. September 1999 bei Gericht eingegangenen Antrag der Klägerin Gegenstand des Klageverfahrens.
Die Klägerin macht ebenso wie im Einspruchsverfahren geltend, die Behandlung von Betriebsveräußerungsgewinnen bei Kapitalgesellschaften als Teil des Gewerbeertrags sei mit dem Sinn und Zweck der Gewerbesteuer und ihrem Objektsteuercharakter nicht vereinbar und führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften. Die gesetzliche Behandlung der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft als gewerbliche Tätigkeit in vollem Umfang reiche zur Einbeziehung des Betriebsveräußerungsgewinns in die Gewerbesteuerpflicht nicht aus. Die ältere Rechtsprechung, auf die sich die hierzu noch herrschende Meinung stütze, enthalte keine hinreichenden Begründungen hierfür. Eine ausdrückliche Befreiungsvorschrift für den Veräußerungsgewinn sei nicht erforderlich, da nach der ständigen Rechtsprechung der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ermittelte Gewinn grundsätzlich insoweit nicht als steuerpflichtiger Gewerbeertrag zu behandeln sei, als dies mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehe Aufgrund des Realsteuercharakters ende die sachliche Steuerpflicht bei der Gewerbesteuer mit der Aufgabe der werbenden Tätigkeit, Gegenstand der Gewerbesteuer sei nur der durch den „laufenden Betrieb” anfallende Gewinn. Die mit einer Zusammenballung von Erträgen verbundene Versilberung des Betriebs könne bei sinnvoller Auslegung von § 7 GewStG nicht als Maßstab für die Ertragskraft des laufenden Gewerbebetriebs angesehen werden.
Dies gelte nicht nur bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, sondern ebenso bei Kapitalgesellschaften. In beiden Fällen könne ein Veräußerungsgewinn sowohl frühere Abschreibungen kompensieren als auch auf anderen Umständen beruhen. Bei der Klägerin sei er hauptsächlich durch den veräußerten Kundenstamm entstanden. Jedenfalls fehle eine einleuchtende Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung, die nicht nur dem verfassungsrechtliche...