Entscheidungsstichwort (Thema)
Herstellungskosten bei Kauf und Instandsetzung eines nicht mehr vermietbaren Gebäudes. Gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 und 1997
Leitsatz (amtlich)
Bauaufwendungen an einem zum Zeitpunkt des Kaufs nicht mehr vermietbaren Gebäude führen unabhängig von ihrem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung zu Herstellungskosten, wenn sie mindestens drei der vier Kernbereiche (Elektro, Fenster, Sanitär, Heizung) betreffen, das Gebäude wieder vermietbar machen und der Gebrauchswert des Gebäudes dadurch stark gesteigert wird.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21; HGB § 255 Abs. 2 S. 1; EStG § 7 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung von Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen innerhalb von drei Jahren nach einem Grundstückserwerb.
Die Klägerinnen sind eine Grundstücksgemeinschaft, die durch den gemeinschaftlichen Erwerb des Grundstücks …strasse 15 und …strasse 17 in … durch Kaufvertrag vom 23. Februar 1996 entstand. Auf dem Grundstück … strasse 15 befindet sich ein Einfamilienhaus, das seit dem 1. Juni 1997 vermietet ist. In den Jahren 1996 und 1997 führten die Klägerinnen Renovierungsarbeiten an dem Einfamilienhaus über insgesamt 39.495,76 EUR = 77.247 DM durch. Diese Kosten wurden bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – V + V – 1996 und 1997 als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt –FA– ermittelte die Höhe des auf das Einfamilienhaus entfallenden Kaufpreisanteils im Rahmen einer Außenprüfung mit 77.851,86 EUR = 152.265 DM. Die aufgewendeten Renovierungskosten wurden vom FA demzufolge als anschaffungsnaher Herstellungsaufwand im Sinne von Abschnitt 157 Abs. 4 der Einkommensteuerrichtlinien – EStR – in der damals geltenden Fassung beurteilt und in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen, da sie 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes überstiegen.
Gegen die aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1996 und 1997 vom 28. Juli 1999 legten die Klägerinnen mit Schreiben vom 29. Juli 1999, beim FA eingegangen am 30. Juli 1999, Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 1999 zurückwies.
Die hiergegen am 3. November 1999 erhobene Klage wird im Wesentlichen wie folgt begründet: Die in den Jahren 1996 und 1997 getätigten Aufwendungen seien notwendige Renovierungskosten, die entstanden seien, um das Gebäude auf einen zeitgemäßen Wohnstandard zu bringen und damit vermietbar zu machen. Eine wesentliche Verbesserung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB – sei damit nicht verbunden. Vielmehr hätten die Klägerinnen reinen Erhaltungsaufwand getätigt. Herstellungskosten seien nur dann zu bejahen, wenn eine Erweiterung des Wirtschaftsguts oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung zu bejahen sei. Für eine wesentliche Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus könne nicht auf die Aufgriffsgrenze des Abschnitts 157 Abs. 4 EStR zurückgegriffen werden. Eine wesentliche Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus könne vielmehr lediglich dann vorliegen, wenn Baumaßnahmen durchgeführt worden seien, die zu einer deutlichen Veränderung der Nutzungsdauer oder zu einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts führten. Beide Alternativen seien im Falle der Klägerinnen zu verneinen. Hier handele es sich lediglich um übliche Modernisierungsmaßnahmen, mit denen keine deutliche Erhöhung des Verkehrswerts verbunden sei.
Die Klägerinnen beantragen,
die Bescheide vom 28. Juli 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1996 und 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 1999 abzuändern und die geltend gemachten Reparaturaufwendungen in Höhe von 39.495,76 EUR = 77.247 DM als Werbungskosten zu behandeln.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei den Streitgegenständlichen Renovierungskosten handele es sich um Herstellungskosten als Folge einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Bereits in den ersten zwei Jahren nach der Anschaffung hätten diese Kosten mehr als 44% der Anschaffungskosten des Gebäudes betragen, womit die Aufgriffsgrenze von 15% nach Abschnitt 157 Abs. 4 EStR bei Weitem überschritten worden sei. Die Klägerinnen hätten in ihrem Einspruchsschreiben vom 29. Juli 1999 selbst eingeräumt, dass die getätigten Aufwendungen dazu gedient hätten, das Gebäude auf einen zeitgemäßen Wohnstandard zu bringen und damit vermietbar zu machen. Dies habe zu einer über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung geführt. Die Herstellung der Vermietbarkeit des Gebäudes sei die w...