rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer eines Dirigenten und Orchestermanagers
Leitsatz (redaktionell)
1. Der qualitative Tätigkeitsmittelpunkt eines selbstständigen Dirigenten und Orchestermanagers liegt in seinem häuslichen Arbeitszimmer, so dass die Aufwendungen hierfür in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar sind.
2. Im Arbeitszimmer wurde die Besetzung für die einzelnen Proben und Auftritte und das Material für die beteiligten Musiker zusammengestellt, die Korrespondenz mit den Sponsoren und der an dem Orchesterbetrieb interessierten Öffentlichkeit geführt und die Internetauftritte der Orchester sowie deren CD-Veröffentlichungen entwickelt. Daneben hat auch die künstlerische Leitung zu großen Teilen – so insbesondere bei der Auswahl der zur Einübung und Aufführung gelangenden Stücke und beim Einstudieren der Partituren – im häuslichen Arbeitszimmer stattgefunden. Demgegenüber waren die vor Ort erbrachten Dirigentenleistungen des Klägers für seinen konkret ausgeübten Beruf als Orchestermanager und Dirigent – jedenfalls bei einer Gesamtschau seiner Betätigung – nicht wesentlich und prägend. Dafür spricht auch der erhebliche zeitliche Umfang, den die Tätigkeit des Klägers in seinem häuslichen Arbeitszimmer im Vergleich zu den Dirigenteneinsätzen vor Ort in den Proben- und Konzertsälen eingenommen hat und dem i. S. d. höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls eine indizielle Bedeutung zukommt, die unterstützend für die qualitative Wertung mit herangezogen werden kann
3. Zu den Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zählen neben der flächenanteiligen Wohnungsmiete einschließlich der Nebenkosten auch der anteilige Stromverbrauch, nicht jedoch der auf die Fläche des Arbeitszimmers entfallende Aufwand für das verbrauchte Wasser und die Entsorgung des Schmutzwassers.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 5 S. 1 Nr. 6b S. 3
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid vom 7. Oktober 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 2014 wird in der Weise geändert, dass die Steuer auf den sich bei Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben des Klägers von 1.926 EUR ergebenden Betrag herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer und der Zuschlagsteuern wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Tätigkeitsmittelpunkt eines selbständigen Dirigenten und Orchestermanagers in seinem häuslichen Arbeitszimmer liegt.
Die Kläger werden als Ehegatten zur Einkommensteuer des Streitjahrs (2012) zusammenveranlagt. Der Kläger ist von Beruf Dirigent und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Klägerin ist als … nichtselbständig beschäftigt. Die Kläger bewohnen gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter eine angemietete, 105,04 m² große Wohnung in der X Straße 5 in A. In dieser Wohnung befindet sich ein 24,23 m² häusliches Arbeitszimmer, das der Kläger für seine berufliche Tätigkeit nutzt. Für dieses Arbeitszimmer entstanden dem Kläger im Streitjahr Aufwendungen, die er auf insgesamt 3.266,70 EUR bezifferte (anteilige Miete und Nebenkosten: 3.050,78 EUR, anteilige Kosten für Strom: 124,58 EUR, anteilige Kosten für Wasser und Schmutzwasser: 91,34 EUR).
Der Kläger war im Streitjahr für die Y in B und für das Orchester Z der Universität C tätig. Für beide Orchester oblagen ihm neben der Stellung als Dirigent eine Vielzahl von Verwaltungsaufgaben. So hatte er unter anderem auch die Einplanung der Musiker, die Koordination der Auftritte und Proben, die Einwerbung von Sponsorengeldern und die Öffentlichkeitsarbeit zu erledigen. Daneben nahm der Kläger jeweils die Funktion des künstlerischen Leiters der Orchester wahr. Seinen Angaben zufolge arbeitete er für diese Tätigkeiten an etwa 250 Tagen des Kalenderjahres zwischen fünf und zehn Stunden täglich im häuslichen Arbeitszimmer. Dabei musste er sich selbst musikalisch auf Proben und Konzerte vorbereiten und zum anderen künstlerische Entscheidungen treffen. Dazu hatte er vor allem die verwendeten Partituren zu studieren, worauf e...