2. Das neue Wahlrecht zum häuslichen Arbeitszimmer


Das neue Wahlrecht zum häuslichen Arbeitszimmer

Ab VZ 2023 gilt beim häuslichen Arbeitszimmer ein neues Wahlrecht: Erwerbstätige können zwischen einem tatsächlichen Kostenabzug und der Jahrespauschale wählen.

Begriff und Definition des häuslichen Arbeitszimmers

Um die Wahl zwischen dem tatsächlichen Raumkostenabzug und dem Ansatz der Jahrespauschale zu haben, muss der genutzte Arbeitsraum zunächst begrifflich ein häusliches Arbeitszimmer ein. Die Definition entspricht dem Begriff der früheren Rechtslage. Erforderlich ist nach wie vor, dass der Raum in die häusliche Sphäre eingegliedert ist und nahezu ausschließlich für berufliche und betriebliche Zwecke genutzt wird. Eine private Mitnutzung des Arbeitszimmers unter 10 % ist nach dem neuen BMF-Schreiben (Rz. 3) aber nach wie vor erlaubt.

Häusliche Sphäre

In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Erwerbstätigen gehört. Auch Kellerräume oder Räume unter dem Dach, die im Haus der Privatwohnung liegen, können ein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn die Räume aufgrund der unmittelbaren Nähe zu den privaten Wohnräumen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind.

Dagegen kann es sich bei einem im Keller oder Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses befindlichen Raum, der nicht zur Privatwohnung gehört und zusätzlich angemietet wurde, um ein außerhäusliches (unbeschränkt abziehbares) Arbeitszimmer handeln. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn zwischen Wohnung und Arbeitsraum eine allgemein zugängliche Verkehrsfläche (z.B. gemeinsamer Hausflur) durchschritten werden muss und die häusliche Verbindung damit unterbrochen wird.

Ein häusliches Arbeitszimmer setzt weiter voraus, dass es vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Es muss sich nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln; ein häusliches Arbeitszimmer kann auch bei geistiger, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit gegeben sein.

Tagespauschale bei Arbeitsecke

Der Raum muss zudem abgeschlossen sein. Wird nur eine Arbeitsecke (z.B. im Wohnzimmer) genutzt, können weder die tatsächlichen Raumkosten noch die Jahrespauschale abgezogen werden. In diesem Fall kommt aber ein Ansatz der neuen Tagespauschale in Betracht.

Tatsächliche Raumkosten

Wählt der Erwerbstätige den tatsächlichen Kostenabzug, lassen sich insbesondere folgende Aufwendungen (anteilig nach Wohnfläche) als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen:

  • Miete (sofern die Wohnung angemietet ist)
  • Gebäudeabschreibungen und Schuldzinsen zur Immobilienfinanzierung (sofern die Wohnung im eigenen Eigentum steht)
  • Nebenkosten (z.B. Strom, Wasser, Gas)
  • Reinigungskosten (z.B. Lohn für Putzkraft)
  • Hausrat- und Feuerversicherung
  • Müllabfuhr- und Schornsteinfegergebühren
  • Grundsteuer

Renovierungsaufwendungen, die ausschließlich das häusliche Arbeitszimmer betreffen, sind in voller Höhe als abziehbare Raumkosten zu berücksichtigen. Aufwendungen für die Renovierung von sogenannten Allgemeinflächen (z. B. Treppenhaus) oder des Gesamtgebäudes (z. B. Erneuerung der Heizungsanlage, Austausch von Fenstern und Türen, Sanierung des Daches) können hingegen nur anteilig abgesetzt werden.

Renovierungs- und Umbauaufwendungen, die für einen im Wesentlichen privat genutzten Raum anfallen (z. B. Räume wie Küche, Bad und Flur), dürfen nicht als allgemeine Gebäudeaufwendungen über den Flächenanteil des häuslichen Arbeitszimmers abgezogen werden (BFH, Urteil vom 14.05.2019 - VIII R 16/15).

Hinweis: Auch Kosten für die Ausstattung des Zimmers, wie beispielsweise Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Deckenlampen gehören zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Diese Kosten dürfen komplett dem Arbeitszimmer zugerechnet werden. Eine nur anteilige Einbeziehung (nach Wohnfläche) muss nicht erfolgen, da diese Kosten ausschließlich auf das Arbeitszimmer entfallen.

Luxusgegenstände wie beispielsweise Kunstgegenstände, die vorrangig zur Dekoration des Arbeitszimmers dienen, gehören zu den nicht abziehbaren Aufwendungen der Lebensführung. Anders kann es jedoch sein, wenn der Berufstätige in seinem häuslichen Arbeitszimmer Repräsentationsaufgaben wahrnimmt.

Arbeitsmittel separat absetzbar

Das BMF weist darauf hin, dass Aufwendungen für Arbeitsmittel (z.B. Bürostuhl, Schreibtischlampe, PC, Büromöbel) keine Raumkosten sind (Rz. 11 des BMF-Schreibens). Diese können auch dann steuermindernd abgezogen werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer selbst steuerlich nicht anerkannt wird, denn Arbeitsmittel gehören nicht zur Ausstattung des Arbeitszimmers.

Auch betrieblich oder beruflich veranlasste Telefon- und Internetkosten sind separat absetzbar; dies gilt auch, wenn für das Arbeitszimmer die Jahrespauschale abgesetzt wird.

Tätigkeitsmittelpunkt

Weitere Voraussetzung für die Ausübung des neuen Wahlrechts ist, dass der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Die Definition des Tätigkeitsmittelpunkts entspricht dem Begriff der früheren Rechtslage. Entscheidend für einen Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer ist demnach, dass dort diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Der Tätigkeitsmittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung. Ob die Arbeitszimmernutzung zeitlich überwiegt, ist zweitranging (dies hat lediglich Indizwirkung).

Mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten

Übt ein Erwerbstätiger mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nach dem BMF-Schreiben für die Bestimmung des Tätigkeitsmittelpunkts keine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung vorzunehmen; vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Es lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden:

  • Bilden bei allen Erwerbstätigkeiten - jeweils - die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.
  • Bilden hingegen die außerhäuslichen Tätigkeiten - jeweils - den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten oder lassen sich diese keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden.
  • Bildet das häusliche Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer Einzeltätigkeit, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen Tätigkeiten, ist regelmäßig davon auszugehen, dass das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit bildet.

Neue Jahrespauschale

Liegen die Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts vor, kann die Jahrespauschale von 1.260 EUR beansprucht werden. Das BMF weist diesbezüglich auf folgende Besonderheiten hin:

  • Der Betrag von 1.260 EUR ist ein Pauschbetrag, mit dem die Aufwendungen für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer abgegolten sind.
  • Der Pauschbetrag ist für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht vorliegen, um ein Zwölftel zu kürzen.
  • Das Wahlrecht zum Abzug der Jahrespauschale anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann nur einheitlich für das gesamte Wirtschafts- oder Kalenderjahr ausgeübt werden. Es dürfen also nicht für das erste Halbjahr die tatsächlich angefallenen Raumkosten und für das zweite Halbjahr die (hälftige) Pauschale abgesetzt werden.
  • Das Wahlrecht kann bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung ausgeübt werden, sodass es auch nach dem Ergehen des Einkommensteuerbescheids noch mit einem (fristgerechten) Einspruch geltend gemacht werden kann.
  • Die Jahrespauschale ist personenbezogen anzuwenden. Sie kann nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, sondern muss gegebenenfalls auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufgeteilt werden.
  • Auch bei der Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer ist die Jahrespauschale aufgrund ihrer Personenbezogenheit nur einmal anzuwenden.