Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990 und 1991
Tenor
I. Der Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1990 vom 17. März 1994 sowie diesbezüglich die Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 1994 werden abgeändert. Die Einkommensteuer wird von bisher 17.621,– DM um 12.828,– DM auf 4.793,– DM herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 46 %, der Beklagte zu 54 %.
III. Das Urteil ist wegen der dem Kläger zu erstattenden Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Verluste aus der Nebentätigkeit „Entwicklung und Vertrieb von PC-Hard- und Software” wegen Liebhaberei steuerrechtlich außer Betracht bleiben müssen.
Der Kläger (Kl.) war bis 12. Juli 1993 als Techniker bei der Firma … Niederlassung … angestellt. Seither war er arbeitslos, 1997 nahm der Kl. eine Zeitarbeitsstelle in der Schweiz an.
Am 1. Dezember 1987 meldete der Kl. das Gewerbe „Entwicklung und Vertrieb von PC-Hard- und Software” an. In seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen 1987 bis 1991 machte er folgende Verluste aus seinem Betrieb geltend:
1987 |
20.488,– DM |
1988 |
12.976,– DM |
1989 |
23.138,– DM |
1990 |
41.093,– DM |
1991 |
34.801,– DM |
In den Jahren 1987 bis 1991 versteuerte der Kl. folgende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:
1987 |
84.898,– DM |
1988 |
60.661,– DM |
1989 |
67.117,– DM |
1990 |
72.052,– DM |
1991 |
71.256,– DM |
Nach Kenntnis des FA bestehen Anzeichen dafür, daß der Kl. den Betrieb zum 30. Mai 1993 abgemeldet hat, seine selbständige Tätigkeit im privaten Bereich aber gleichwohl fortführt, und daß er seit 1. Juni 1993 in der Gemeinde … gemeldet ist, ein Gewerbe dort aber nicht angemeldet hat.
Das beklagte FA legte die vom Kl. erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb den ESt-Festsetzungen 1987 bis 1989 zugrunde.
Anläßlich einer Außenprüfung für die Jahre 1988 bis 1990 gelangte der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, die Verluste des Kl. aus Gewerbebetrieb seien ab 1990 einkommensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen, da der Kl. seinen Betrieb aus Liebhaberei unterhalte. Der Kl. habe im Prüfungszeitraum (1988 bis 1990) und in der Folgezeit kein Ladengeschäft unterhalten. Die Hard- und Software habe er in einem Zimmer seiner Wohnung gelagert. Ein Hinweis auf seine gewerbliche Tätigkeit an der Wohnung oder durch Eintrag im Telefonbuch habe weder im Prüfungszeitraum noch in der Folgezeit bestanden. Der Kl. habe auch keinerlei Werbung, z.B. durch Inserate, betrieben. Er sei davon ausgegangen, daß sein Betrieb durch Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt werde. Seine Waren habe er in Computerdiscountversandgeschäften und in Computergeschäften eingekauft. Aus den Einkaufsrechnungen sei nicht ersichtlich, daß dem Kl. Konditionen eines Wiederverkäufers eingeräumt worden seien. Der Kl. habe folgende Einnahmen erzielt:
1987 |
0,– DM |
1988 |
1.398,– DM |
1989 |
12.449,– DM |
1990 |
12.089,– DM |
1991 |
12.685,– DM |
Erlöse: |
38.621,– DM |
Der Wareneinkauf 1987 bis 1991 habe 125.156,– DM betragen. Abzüglich des Warenbestands zum 31. Dezember 1991, der Aufwendungen für Bücher, Zugabeartikel und ein Oszilloskop ergebe sich ein Wareneinsatz von 34.708,– DM. Der Rohgewinn 1987 bis 1991 als Differenz zu den Erlösen von 38.621,– DM betrage danach 3.913,– DM (Rohaufschlagssatz von 11,3 %). Die laufenden Unkosten 1987 bis 1991 hätten 33.173,– DM betragen. Es könne danach nicht davon ausgegangen werden, daß der Kl. in der Lage sei, einen Totalgewinn zu erzielen, da der Rohgewinn nicht einmal die fixen Kosten wie Miete, Telefon, Pkw-Kosten und dergleichen decken könnte. Der Kl. führe seinen Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen; aufgrund der Organisation und der Betriebsführung (keine Werbung) sei es nicht gewährleistet, daß der Betrieb nach Ablauf einer betriebsspezifischen Anlaufzeit zumindest die laufenden Kosten decke. Der Betrieb sei in der Weise, wie er betrieben werde, zum Scheitern verurteilt. Der Kl. habe die Verluste aus Gewerbebetrieb nur aufgrund seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit tragen und den Gewerbebetrieb solange aufrechterhalten können (vgl. Betriebsprüfungs(Bp)-Bericht vom 8. Dezember 1993 Tz. 23 zu b).
Im (teilweise vorläufigen) ESt-Bescheid 1990 vom 23. April 1993 hatte das FA im Wege der Schätzung unter Vorbehalt der Nachprüfung Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 0,– DM angesetzt. Während des Einspruchsverfahrens änderte es diesen Bescheid nach Abschluß der Bp. durch Änderungsbescheid vom 18. Januar 1994 unter Vorbehalt der Nachprüfung ab. Mit erneutem Änderungsbescheid vom 17. März 1994 hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigte es in den beiden zuletzt genannten Änderungsbescheiden nicht.
Die ESt 1991 setzte das FA aufgrund der Bp. durch (teilweise vorläufigen) ESt-Bescheid 1991 vom 7. Januar 1994 ohne Berücksichtigung von Einkünften aus ...