Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskosten: zur beruflichen Veranlassung von Umzugskosten. zur Anwendung § 3 Nr. 26 EStG auf Lehreinkünfte eines Oberarztes. Einkommensteuer 1983
Leitsatz (amtlich)
1. Umzugskosten sind auch bei einer täglichen Fahrzeitverkürzung von mindestens 1 Stunde nicht als überwiegend beruflich veranlasst anzusehen, wenn aufgrund der eingetretenen erheblichen Verbesserung des Wohnumfeldes nicht davon auszugehen ist, dass private Gründe für den Umzug keine oder nur ein ganz untergeordnete Rolle gespielt haben.
2. Solange sich die Nebentätigkeit inhaltlich und organisatorisch von der Haupttätigkeit abgrenzen lässt, kann die betragsmäßig begrenzte Steuerfreiheit für Nebeneinkünfte nach § 3 Nr. 26 EStG – vorbehaltlich der Erfüllung der übrigen Voraussetzung dieser Vorschrift – auch dann in Anspruch genommen werden, wenn sich die Verpflichtung zur Übernahme der Nebentätigkeit aus dem Hauptarbeitsverhältnis ergibt und/oder dem Steuerpflichtigen ein Aufwand im Zusammenhang mit der Nebentätigkeit gar nicht entstanden ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 3 Nr. 26
Tenor
1. Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom … wird dahingehend geändert, daß das zu versteuernde Einkommen um 2.083 DM herabgesetzt wird.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer 1983 nach Maßgabe der nach den Entscheidungsgründen zu berücksichtigenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse neu festzusetzen.
2. Von den Kasten des Verfahrens bis zum 13. Dezember 1990 tragen die Kläger 9/10, der Beklagte 1/10, danach die Kläger 5/6, der Beklagte 1/6
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluß festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Kläger in gleicher Höhe vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5, Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen der Kläger (Kl) für einen Umzug als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin (Klin) berücksichtigungsfähig sind (1.) und ob dem Kl eine steuerfreie Aufwandsentschädigung gemäß § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz –EStG– zusteht (2.).
1. Umzugskosten
Die Klin war bis zum Jahre 1975 als Studienrätin für die Fächer Französich und Deutsch am … in … tätig. Danach ließ sie sich nach § 152 Landesbeamtengesetz –LBG– zur Erziehung ihrer Tochter beurlauben. Mit Beginn des Schuljahres 1981/1982 nahm die Klin am … in … eine nebenberufliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis (§ 152 Abs. 3 LEG) auf. In dieser Zeit unterrichtete sie vier Stunden pro Woche. Nach den Sommerferien 1983 war sie wieder als Teilzeitbeamtin an diesem … in … tätig und zwar mit einem Lehrauftrag von 12 Stunden pro Woche.
Die Kl bewohnten bis Ende März 1983 die seit 1971 von ihnen angemietete Vierzimmerwohnung im Erdgeschoß der …
Der Mietvertrag vom … auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 65 bis 69 der Einkommensteuerakten des Beklagten – Bekl–), sieht vor, daß die Kl die Räumlichkeiten dieser Wohnung einschließlich eines Kraftfahrzeug-Abstellplatzes zum Mietzins von monatlich 550 DM, der sich bis zum Auszug der Kl auf insgesamt 685 DM monatlich (kalt) erhöhte, anmieten.
Mit Mietvertrag vom … mieteten die Kl die Fünfzimmerwohnung im Obergeschoß des Hauses … zum Mietszins von 1.570 DM monatlich (kalt) an, Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf diesen Bezug genommen (Bl. 49 bis 53 der FG-Akten).
Durch den Umzug von der … in die … verkürzte sich die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte der Klin am … von 17 auf 3 Km, wodurch eine auch zwischen den Beteiligten unstreitige Zeitersparnis für eine einmalige Hin- und Rückfahrt mit dem PKW von mindestens einer Stunde eingetreten ist. Für den als Oberarzt am … in … berufstätigen Kl erhöhte sich die mit dem PKW zurückzulegende Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstätte nach dem Umzug von 8 auf 13 Km.
Ein –auch zwischen den Beteiligten bezüglich der Zahlenwerte unstreitiger– Quadratmetervergleich der beiden Wohnungen ergibt, daß sich die Wohnfläche der Wohnung … gegenüber der Wohnung … von 92,65 qm um 36,91 qm auf 129,56 qm erhöht hat. Die Balkonfläche vergrößerte sich von 8,74 qm auf jetzt 21,48 qm, wobei eine Terrasse hinzukam. Wegen der Verteilung dieser Flächen auf die vorhandenen Räumlichkeiten sowie der Grundriß Zeichnungen der beiden Wohnungen und einer Vergleichsschilderung der Wohnlage und Wohnungsaufteilung wird auf die von den Kl vorgelegten Unterlagen (Bl. 55 bis 58 der FG-Akten) Bezug genommen.
Zu diesem Streitpunkt trägt die Klin vor, daß sie vor Beginn des Schuljahres 1981/1982 einen Anruf vom Direktor des … Herrn … erhalten habe. Hierbei habe ihr Herr … den sie schon länger persönlich gekannt habe, erzählt, daß bei ihm an der Schule ein Deutschlehrer dringend b...